Piächs leere Versprechungen

■ Tschechen zutiefst enttäuscht über VW-Rückzug

Prag (taz) – „Das Tandem Piäch/Lopez hat einen arroganten Weg gewählt. Mit einem Telefonat wurde die eineinhalb Jahre lange Arbeit von mehreren hundert Leuten zunichte gemacht“, kommentierte gestern die tschechische Tageszeitung Mlada Fronta dnes. In Prag mehrt sich die Kritik: Der Hals-über-Kopf-Rückzug des VW-Konzerns aus dem geplanten Investitionsprojekt habe der tschechischen Volkswirtschaft Sand ins Getriebe geschüttet.

Es geht nicht nur um die 25 Milliarden Kronen der geplatzten Anleihe. Das Pilotprojekt VW– Skoda wurde auch im Ausland als Symbol einer erfolgreichen Wirtschaftsreform gewertet.

„Wenn die Absage von VW nur ein erster Schritt zum Rückzug aus seinen Verbindlichkeiten“ ist, befürchtet Mlada fronta dnes, könne davon ausgegangen werden, daß auch andere Investoren „von ihren Absichten entweder vollkommen ablassen oder sie wesentlich reduzieren“. Tomas Jezek kann dem nur zustimmen. Der Vorsitzende des „fonds narodniho majetku“ (FNM), dem nationalen Eigentumsfonds, der noch 69 Prozent der Aktien bei Skoda hält, ist ziemlich sauer. Von VW-Chef Ferdinand Piäch erwartet er, daß er „weitere formale Versprechungen bei seinem morgigen Besuch in Prag einhält“.

„Die größte Gefahr ist, daß das Vertrauen in den Konzern verlorengeht und somit unsere Aktien ihren Wert verlieren“, sagte Jezek gestern gegenüber der taz.

Prags Journalisten pochen unterdessen mit gespitzten Griffeln auf den ausbleibenden Multiplikatoreffekt: Auf die Hunderte Arbeitsplätze, die nicht zusätzlich entstehen werden, auf Tausende Gehälter, die nicht ausgezahlt und somit „zur Trauer der Erzeuger und Verkäufer“ nicht ausgegeben werden.

Es sei zwar nicht genau, aber auch nicht übertrieben, daß die Zuliefererindustrie um Milliardengewinne gekommen sei, schreibt Mlada fronta dnes.

Die Zeitung setzt die umgerechnet „fast zwei Milliarden nicht investierte US-Dollar“ den Zahlen tschechischer Regierungsoptimisten gegenüber: Für heuer werden in der ČR Auslandsinvestitionen in Höhe von einer Milliarde Dollar erwartet.

Im Skodawerk Mladaboleslav (Jungbunzlau) will man nach Aussage des Pressesprechers Milan Smutnj kein „Krisenszenario“ ausmalen. „Dennoch werfen uns spektakuläre Ereignisse wie dieses immer wieder zurück. Wir haben eh noch mit einem nicht gerade guten Image zu kämpfen“, sagte Smutnj.

Neun Milliarden Mark wollte VW bis Ende der 90er Jahre bei Skoda investieren. Smutnj glaubt, daß „dreieinhalb bis vier Milliarden Mark im Anbetracht der Lage realistisch sind“.

Skoda-Vicechef Volkard Kohler sieht das Thema scheinbar gelassener. „Investitionsgüter sind billiger zu haben, ohne daß wir im Output Abstriche machen müssen“, sagte Köhler gegenüber der taz. Mit anderen Worten: Skoda hat das Geld momentan überhaupt gar nicht nötig.

Eingespart, so Köhler, werde auch durch die engere Einbindung der Zulieferer, die demnächst Kopf an Kopf mit den Skodaleuten in Mladaboleslav arbeiten sollen. Bleibt also die Frage, ob sich die tschechische Republik wirklich einen neuen Lockvogel für Investitionen aus dem Ausland suchen muß. Tomas Niederberghaus