KZ-Gedenkstätten häufig Anschlagsziel von Neonazis

■ In Brandenburg werden Anschläge und rechtsradikaler Vandalismus vertuscht

Potsdam (taz) – Wesentlich häufiger als bislang bekannt sind die Gedenkstätten ehemaliger Konzentrationslager in Brandenburg Ziel rechtsradikaler Anschläge. Nach Informationen der taz werden sowohl das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen wie auch Ravensbrück regelmäßig von Neonazis heimgesucht. Dabei wurden in der Vergangenheit Mitarbeiter der Gedenkstätten bedroht, ehemalige Zellen bepinkelt, Gästebücher beschmiert und auch schon mal Feuer gelegt. Während über einen Brandanschlag in der Gedenkstätte Sachsenhausen im Herbst letzten Jahres noch vor Gericht als großer Einzelfall verhandelt wird, berichten Mitarbeiter der Gedenkstätten, daß viele Anschläge gar nicht bekannt gegeben werden, weil die Gedenkstättenleiter befürchten, durch eine Veröffentlichung Folgeanschläge zu provozieren.

Tatsächlich fühlen sich die Angestellten in den ehemaligen Lagern mit ihrer Angst allein gelassen. So kommt die Polizei nach Notrufen regelmäßig zu spät. In Ravensbrück braucht sie über 45, in Sachsenhausen meist 20 Minuten, bis sie am Tatort eingetroffen ist. Die Mitarbeiter sind deshalb bei „Besuchen“ von rechten Skinheads oder Neonazis häufig auf sich gestellt. Es komme vor, so berichteten einzelne der taz, daß Rechtsradikale, die auftauchen, um Randale zu machen, sich in Diskussionen verwickeln lassen und so von Tätlichkeiten abgehalten werden könnten. Doch die MitarbeiterInnen wollen auch nicht den Helden spielen. „Es kann ja gut sein, daß die potentiellen Täter bewaffnet sind.“

Deshalb bleiben sie schon mal in ihren Zimmern sitzen, wenn ganze Gruppen grölend durchs Gelände ziehen. So wurde der ehemalige Zellentrakt im Lager Ravensbrück kürzlich von „mehreren Jugendlichen“ heimgesucht, die die Mitarbeiterinnen beschimpften, eine Urinspur durch die Zellen hinterließen und Blumentöpfe in den Ofen des Krematoriums warfen. Am häufigsten werden die Gästebücher der Gedenkstätten von Neonazis mißbraucht. Wo andere ihre Betroffenheit kundtun, schmieren sie „Sieg heil!“ oder „Jude verrecke!“ hin, oder sie schwören ihrem „Führer Adolf Hitler“ die Treue.

Als Konsequenz aus dieser Entwicklung fordern die Mitarbeiter der Gedenkstätten, den nachts vorhandenen Wachschutz auch tagsüber einzusetzen. Der Direktor der brandenburgischen Gedenkstätten, Dittberner, gab gegenüber der taz zu, daß erhebliche Sicherheitsmängel existieren. Die Polizei hätte aber gerade ein neues Sicherheitskonzept entwickelt, und eine Verstärkung des Wachschutzes sei auch geplant. asp Seite 5