„Dummheit und Intoleranz“

■ Prozeß um Tod von Silvio Meier: Zeuge hat Angst

Der Prozeß um die tödlichen Messerstiche auf den 27jährigen Hausbesetzer Silvio Meier hat nach Ansicht der Verteidigung „Dummheit und Intoleranz“ auf beiden Seiten deutlich gemacht. Eine bestimmte Kleidung, sagte Verteidigerin Helene Bode gestern am Rande des nichtöffentlichen Jugendverfahrens vor dem Landgericht, habe offenbar gereicht, den Streit auszulösen. Vor der Messerstecherei in der Nacht zum 21. November 1992 auf dem Ostberliner U-Bahnhof Samariterstraße hatte Silvio Meier einem Begleiter der Angeklagten einen „Deutschland“-Aufnäher von der Jacke gerissen.

Die drei angeklagten Jugendlichen aus Friedrichshain hatten ihre Beteiligung an der Messerstecherei vor dem Berliner Landgericht zugegeben, eine Tötungsabsicht aber bestritten. Auch zwei Freunde Meiers waren in jener Nacht durch Messerstiche schwer verletzt worden. Ein Zeuge aus dem Bekanntenkreis der Angeklagten soll nach Angaben von Frau Bode erklärt haben, auch er würde sofort ein Messer ziehen, wenn eine Gruppe Autonomer auf ihn zukäme. Aus Angst hätte er sich genauso verhalten wie die drei. Einer der Angeklagten soll dem sechzehnjährigen nach der Tat erzählt haben, daß er sich bedroht fühlte.

Dieser Zeuge wurde vor seiner Vernehmung von einem Saalwachtmeister geschützt. Das Gericht traf diese Maßnahme, weil der Jugendliche Angst vor den „Linken“ vor dem Gerichtssaal geltend machte. Ihm hatte sich einer der Angeklagten kurz nach der Tat offenbart. Die Freunde hatten sich in dem als Treffpunkt rechter Jugendlicher geltenden Klub „Judith Auer“ getroffen, wo die Angeklagten auch vor der Messerstecherei Alkohol getrunken hatten. Der Angeklagte soll nach Darstellung des 16jährigen angekündigt haben, sich zu stellen, bevor noch mehr passiere. dpa