Bleibt ein tiefes Loch am Stadion der Weltjugend?

■ Nur noch wenige der olympischen Bauten werden realisiert Mehrzweckhalle am Jahn-Sportpark wird weitergebaut

Olympiabeflaggung sofort einstellen, kam gestern die Anweisung von Innensenator Heckelmann (CDU) und machte symbolhaft klar: Alles ist vorbei. Doch was bleibt nach dem Zuschlag für Sydney von den olympischen Baumaßnahmen? Trotzig wird vom Senat versichert, es werde weiter gebaut – auf jeden Fall aber weniger als geplant.

Gänzlich verzichtet wird auf das sogenannte Trainingsstättenprogramm, mit dem etwa einhundert öffentliche Sportanlagen als Trainingsort für Olympiasportler saniert und modernisiert werden sollten. Ersatzlos entfallen wird auch der Bau des Olympia-Expresses, der die geplanten Sportstätten miteinander verbinden sollte. Der Zug auf einer eigenen Trasse wäre für den normalen Nahverkehr sowieso nicht nutzbar gewesen. Einsparung: 100 Millionen Mark.

Ob die große Olympiahalle auf dem Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend an der Chausseestraße gebaut wird, ist derzeit völlig offen. Die Halle für 15.000 Zuschauer sollte ursprünglich von privaten Investoren errichtet werden. Weil denen das wirtschaftliche Risiko zu groß war, zwangen sie den Senat schrittweise mit ins finanzielle Engagement. Doch auch das reichte den Investoren nicht. Zwar ist die Baugrube längst ausgehoben, doch der Vertrag ist immer noch nicht unterschrieben, weil das schwedisch- deutsche Konsortium die Olympia-Entscheidung erst abwarten wollte. Über das 300-Millionen- Projekt „muß neu nachgedacht werden“, drückt sich der Sprecher des Bausenators, Schlichting, sehr diplomatisch aus.

Als ungeklärt muß auch die Finanzierung für die Bauvorhaben Rummelsburger Bucht gelten, wo das olympische Dorf entstehen sollte. Gleiches gilt für die Bauvorhaben Ruhleben und Eldenaer Straße. Insgesamt sollten an diesen drei Stellen 11.000 Wohnungen entstehen. Allein an der Rummelsburger Bucht rechnete der Senat mit Investitionen von acht Milliarden Mark. Überflüssig ist nun das sogenannte „Mediendorf“ an der Eldenaer Straße in Friedrichshain. Bausenator Nagel (SPD) hat aber angekündigt, daß er sich angesichts des hohen Wohnungsbedarfs in Berlin weiterhin für diese Projekte stark machen werde.

Anders sieht es bei den vom Senat als „Sofortbaumaßnahmen“ eingestuften Projekten aus. Der Bau einer Mehrzweckhalle im Jahn-Sportpark hat bereits im Juni begonnen, die Rohbauaufträge sind vergeben. In der Halle sollten 10.000 Zuschauer die Boxkämpfe verfolgen können – nun werden darin neun Turnhallen und zwei Hallen für jeweils 3.000 Zuschauer untergebracht. Ebenfalls im Juni war Baubeginn auf dem Gelände der ehemaligen Werner-Seelenbinder-Halle an der Landsberger Allee. Dort sollen eine Radsport- und eine Schwimmhalle entstehen. Ohne Olympia wird das Dach der Schwimmhalle niedriger gelegt und die geplante Zuschauerzahl von 10.000 auf 4.000 reduziert. Diese drei Hallen hält der Sprecher der senatseigenen Sportstättenbauten GmbH, Ulrich Falke, für gesichert: „Es wäre politisch dumm, einen Schlußstrich zu ziehen.“ Schließlich seien bereits ein Viertel der achthundert Millionen Mark ausgegeben und die Gelder im Haushalt eingeplant. Bei Stornierungen kämen auf das Land erhebliche Schadensersatzforderungen der Bauunternehmen zu. Er steht damit im Gegensatz zum Bündnis 90/Grüne, das einen Baustopp fordert.

Kein Dach wird nun das Olympiastadion erhalten. Dieses sollte 400 Millionen Mark kosten. Allerdings wird im Stadion, das in Bundesbesitz ist, eine dringend notwendige Betonsanierung durchgeführt. Kosten: rund 100 Millionen Mark. Verzichtet wird auf den Umbau der Deutschlandhalle. Nicht mehr notwendig für die Durchführung von Wettkämpfen sind die drei neuen Messehallen für zwei Milliarden Mark, die unterm Funkturm geplant sind. Dennoch aber wird gebaut; die Hallen sollen nun für Ausstellungen und Messen genutzt werden. Auch die Galopprennbahn Hoppegarten muß auf den Bau eines Reiterstadions verzichten.

Die brandenburgische Landesregierung wird auf Bauvorhaben mit einer Investitionssumme von 500 Millionen Mark verzichten, hieß es in Potsdam. Erleichtert zeigte sich die brandenburgische Stiftung Schlösser und Gärten, daß der Park des Schlosses Sanssouci von den Dressur-Wettkämpfen verschont bleibt. Gestrichen werden auch der Bau der Ruder- und Kanustrecke am Templiner See und die Schießanlagen bei Oranienburg. Gerd Nowakowski

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