Erinnerungen der Roma-Autorin Cejia Stojka

„Alle Menschen sollen glücklich sein“: Mit diesen Worten begrüßte die Wiener Roma-Zigeunerin Ceija Stojka, am Samstagabend auf Kampnagel ihr Publikum. Im Rahmen des Roma-Sinti-Schwerpunktes der Hammoniale, der dieses Wochenende war, stellte sie dort ihr Buch Wir leben im Verborgenen - Erinnerungen einer Roma-Zigeunerin vor.

Begleitet von Harfenklängen las Ceija Stojka gemeinsam mit ihrer Schwiegertochter auf urwienerisch aus ihren Gedichten und Erinnerungen. Es sind die bisher einzigen schriftlichen Aufzeichnungen einer Romni, die die Schrecken des Konzentrationslagers überlebt hat.

Tief verletzt von der Ablehnung, mit der man ihnen nach dem Krieg begegnete, sind die meisten Sinti und Roma nicht mehr bereit, über ihr Leben zu sprechen. Da man ihnen im Dritten Reich den Schulbesuch verweigerte, sind viele von ihnen Analphabeten. Ceija Stojka gelang es, nach dem Krieg ein Jahr die Schule zu besuchen, so daß sie sich später ihre grausamen Erinnerungen von der Seele schreiben konnte.

Als zwölfjähriges Mädchen wurde sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht, von dort nach Ravensbrück und schließlich nach Bergen-Belsen. Mit einfachen Worten, aus denen keine Verbitterung, sondern unendlich viel Leid spricht, erzählt sie vom Alltag im Lager, der Befreiung durch die Engländer und ihrem nicht weniger schweren Leben als Marktfrau in Wien.

Die Erniedrigungen und Enttäuschungen der Sinti und Roma nehmen kein Ende, sei es bei der Wohnungssuche oder am Arbeitsplatz. Nur ein „Leben im Verborgenen“ schützt sie vor den Anfeindungen ihrer Umwelt. „Aber wir müssen hinausgehen, wir müssen uns öffnen, sonst kommt es noch so weit, daß irgendwann alle Romani in ein Loch hineinkippen“, schreibt Ceija Stojka in ihrem Buch. Rar sind die Gelegenheiten, bei denen die Roma aus ihrem Versteck hervortreten können. Sicher hat sich deshalb selten eine Autorin bei ihren Zuhörern so oft für ihr Interesse bedankt wie Ceija Stojka.

Babette Schröder