■ Mit Treuhandwohnungen auf du und du
: Schuldenschieber

Als die DDR sich aus der deutschen Geschichte verabschiedete, saßen nicht nur die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften auf riesigen sanierungsbedürftigen Wohnungsbeständen. Auch die Treuhand war unversehens zum Großvermieter geworden.

Für rund 80.000 Werkswohnungen der Treuhand-Unternehmen und Betriebe und noch einmal 70.000 Wohnungen in Rechtsträgerschaft der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) und Volkseigenen Güter (VEG) kassierte sie die Miete. Über ihre Tochter Treuhand- Liegenschaftsgesellschaft (TLG) versucht die Treuhand nun seit geraumer Zeit, diesen Wohnungsbestand an den Mann oder die Frau zu bringen.

Die Werkswohnungen verkauft die TLG zum größten Teil im Namen und Rechnung des jeweiligen Treuhand-Betriebs. In mehr als 22.000 Fällen ist das bereits geglückt. Vier von fünf Mietern, so zieht TLG-Geschäftsführer Axel Popkowitz die stolze Bilanz der Treuhand- Tochter, hätten das Angebot angenommen, ihre Wohnung zu einem Quadratmeterpreis zwischen 400 und 700 Mark zu kaufen.

Die Entscheidung wird den Mietern leicht gemacht. Zumindest bei Wohnungen aus der eigenen Verfügungsgewalt bietet die TLG den künftigen Wohnungsbesitzern eine Eigenkapitalhilfe in Form eines „Restkaufgelddarlehens“. Dieses zinsgünstige Darlehen soll die 20 Prozent Eigenkapital ersetzen, die die Banken normalerweise bei Hypothekenkrediten fordern.

Vergeben kann die TLG ein solches Darlehen aber nur bei den Wohnungen, die sie selbst in ihrem Besitz hat. Also bei den ehemaligen LPG- und VEG- Wohnungen und bei solchen Immobilien, die sie den Treuhand-Unternehmen abgekauft hat. Für solche Käufe verfügt die TLG über einen Wohnungspool und eine Milliarde Mark jährlich in bar.

Beim Kaufen und verkaufen schreibt die TLG rote Zahlen. Mit den Barmitteln, die die Treuhand-Unternehmen in Liquidation für ihre Wohnungen von der TLG bekommen, erhöht sich zunächst die Liquidationsmasse der Unternehmen und vermindert sich das Defizit, das die Treuhand am Schluß der Liquidation ohnehin ausgleichen muß.

Gleichzeitig bleibt aber die TLG ein Zuschußbetrieb: Es entsteht ein neuer Schattenhaushalt, dessen Defizit Finanzminister Waigel am Ende der Wohnungsprivatisierung ausgleichen muß.

Nicht immer kommen die Mieter bei der Wohnungsprivatisierung der TLG zum Zuge. Die rund 1.200 Werkswohnungen der Stickstoffwerke Piesteritz sind im Paket an den Käufer des Unternehmens, die Bayernwerk AG gegangen. An einen Verkauf der Werkswohnungen sei in absehbarer Zeit nicht gedacht, schrieb das Unternehmen seinen neuen Mietern in Piesteritz, die Bayernwerk AG betrachte den Wohnungsbestand als langfristige Geldanlage. Eberhard Löblich