Gen-Kartoffeln vor Anliegern geschützt

■ Die Novellierung des Gentechnik-Gesetzes erlaubt Freilandexperimente ohne Anhörung

Bonn (taz) – Gentechnische Arbeiten werden in Zukunft unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden. Das beschloß gestern der Bundestag mit der Verabschiedung der Novelle zum Gentechnik-Gesetz. Mit dem neuen Gesetz werden in Zukunft nicht nur die Einspruchsmöglichkeiten der betroffenen Bevölkerung bei der Errichtung von gentechnischen Produktionsanlagen faktisch abgeschafft. Auch die umstrittenen Freisetzungsexperimente mit gentechnisch veränderten Organismen sollen unter Ausschluß der Öffentlichkeit genehmigt werden. Dieses Vorgehen stößt insbesondere bei den Umweltorganisationen auf Kritik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bezeichnet die Entscheidung des Bundestages als „eine Ohrfeige für den mündigen Bürger“. Wenn sie glaube, „durch den Ausschluß der Öffentlichkeit eine höhere Akzeptanz für die gentechnischen Produkte zu erhalten, täuscht sie sich gewaltig“.

Nachdem die Gentech-Lobby monatelang gegen das kaum zwei Jahre alte Gentechnik-Gesetz Sturm gelaufen ist, hatte die Bundesregierung im Mai dieses Jahres eine Gesetzesnovelle präsentiert. Schon in dieser Vorlage war eine Einschränkung der Einflußnahme betroffener Bürger vorgesehen. Aber erst in letzter Minute vor der Bundestagssitzung hatten Vertreter von CDU/CSU noch den Änderungsantrag eingebracht, der die Öffentlichkeit von den Genehmigungsverfahren für Freisetzungen ausschließt. Beatrix Tappeser vom Öko-Institut bezeichnet diese Vorgehen als „skandalöse Nacht-und-Nebel- Aktion, mit der handstreichartig versucht wird, die Bürgerinnen und Bürger aus der Diskussion um die Gentechnik auszugrenzen“.

Die SPD übte bei der Abstimmung im Bundestag – abgesehen von einigen Nein- Voten – Stimmenthaltung, weil sie die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht mehr für ausreichend gesichert hält. Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) betonte dagegen, der „Schutz von Mensch und Umwelt bleibt oberstes Ziel“.

Zu den weiteren Änderungen des Gentechnik-Gesetzes gehört, daß Genehmigungsverfahren in den untersten Sicherheitsstufen in Anmeldeverfahren umgewandelt und die dazugehörenden Fristen verkürzt werden. Eine weitere Deregulierung des Gesetzes war zum Bedauern einer Vielzahl der Abgeordneten nicht möglich, da die EG-Richtlinien zur Gentechnik dagegen stehen. Ein Vorstoß der Bundesregierung in Brüssel, auch die EG- Richtlinien zu deregulieren, scheiterte an dem Widerstand der anderen EG-Mitgliedsstaaten. wlf Seite 7