: Bonn: Tiergartentunnel verzögern den Umzug
■ Nach Kabinettsvorlage sollen die Tunnel erst Ende 1998 fertig werden / Staatssekretär Bielka widerspricht Bericht
Der Bau der Tunnel unter dem Tiergarten verzögert den Umzugstermin der Bundesregierung. Dieser Schluß ergibt sich aus einem Bericht von Innenminister Manfred Kanther (CDU) an die Bundesregierung, die auf Grundlage seiner Einschätzung in der kommenden Woche über den Termin entscheiden will. In dem Bericht, der der taz in Auszügen vorliegt, heißt es, daß die Baugruben unter dem geplanten Regierungs- und Parlamentsviertel im Spreebogen „frühestens Ende 1998“ geschlossen werden können. Erst danach könne an dieser Stelle mit dem Bau der Parlamentsbauten begonnen werden. Bislang sollten die Tunnel Ende 1997 fertig sein.
Ursache für die Verzögerung beim Bau der Betonröhren sei das Planfeststellungsverfahren, das „nach Einschätzung des Senats und der Deutschen Reichsbahn unter günstigsten Voraussetzungen nach 22 Monaten abgeschlossen werden kann“. Diese Zeitplanung enthalte aber „keine Reserven“, um Verzögerungen auszugleichen, die durch Probleme wie etwa Klagen gegen die Planfeststellung und Engpässe bei Planungs- und Baukapazitäten entstehen könnten.
Ob die Bundesregierung und Kanzler Kohl auf Grund der Tunnelplanungen den Umzugstermin verschieben oder gar das Eisenbahnkonzept mit Lehrter Bahnhof in Frage stellen wollen, war gestern weder im Kanzleramt noch beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung zu erfahren.
„Die Formulierung in dem Bericht ist unzutreffend“, sagte dagegen Frank Bielka (SPD), Staatssekretär der Bauverwaltung gegenüber der taz. Es sei zwar richtig, daß die Reichsbahn mit 22 Monaten rechnet — aber nur unter ungünstigen Voraussetzungen. Auch die Position des Senats sei von dem Arbeitsstab Berlin/Bonn falsch wiedergegeben worden. Dem Stab sei bekannt, daß die Bauverwaltung mit lediglich einem Jahr Dauer rechne. Staatssekretär Bielka will nun, daß Bundessenator Peter Radunski (CDU) in Bonn auf eine Korrektur des Berichts drängt. Petra Reets, Sprecherin von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), begründete die vom Senator geschätzte kürzere Verfahrensdauer damit, daß „wir nicht erst seit heute planen“.
„Alles Lüge“, konterte dagegen die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Bis heute sei nicht geklärt, wo genau die Tunnel verlaufen sollen, sagte Verkehrsexperte Michael Cramer. Bereits durch den Verzicht auf die S 21 unter dem Tiergarten entstünden Verzögerungen beim Planfeststellungsverfahren. Der Senat mache sich mit seinen Planungen zum größten Gegner eines schnellen Umzugs von Bundestag und -regierung. Dirk Wildt
Siehe auch Bericht auf Seite 18
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