Bettel-Konkurrenz

■ Zeitung für Obdachlose gegründet

Hamburgs „Berber“ machen mobil. „OASE“, die Selbsthilfegruppe der Wohnungslosen in Hamburg bereitet gemeinsam mit JournalistInnen und dem Diakonischen Werk der Nordelbischen Kirche eine neue Hamburger Monatszeitung vor: „Jetzt - Hamburger Straßennachrichten“ wird sie heißen und voraussichtlich am 6. November zum erstenmal erscheinen.

Die Idee dieses in der BRD bisher einmaligen Projektes ist aus England importiert. Seit etwa zwei Jahren erscheint in London „The big issue“ - „Die große Aufgabe“. Dieses neue Magazin mit einer Auflage von 80.000 Stück erscheint wöchentlich mit 40 Seiten Umfang. Obdachlose werden nicht nur thematisch, sondern vor allem finanziell einbezogen: Die Straßenverkäufer sind Obdachlose, die die Zeitung für 20 Pence vom Verlag kaufen und für 50 Pence weiterverkaufen. Der Überschuß geht ohne Abzüge in die eigene Tasche. Etwa 250 Obdachlose verdienen sich regelmäßig mit dem Straßenverkauf ihren Lebensunterhalt.

„Dem Betteln Konkurrenz machen“ will der Initiator des Hamburger Pendants, Landespastor Stefan Reimers, mit den Hamburger Straßennachrichten. 50.000 Mark hat die Nordelbische Kirche für die ersten fünf Ausgaben vorgestreckt, etwa 10.000 Mark sind zusätzlich an Spenden hinzugekommen. Das „Hamburger Abendblatt“ unterstützt mit drei freigestellten JournalistInnen den Aufbau der Redaktion.

Die Hamburger „Jetzt“-MacherInnen orientieren sich stark an dem britischen Vorbild. So soll das neue Blatt inhaltlich vor allem kulturinteressierte PistengängerInnen mit einem Veranstaltungskalender und einer breit gefächerten Themenpalette ansprechen und zusätzlich Hintergrundinformationen zu Wohnungspolitik und Obdachlosigkeit liefern. Kosten wird das Monatsmagazin 1.50 Mark, wovon eine Mark in die Tasche des Verkäufers, nämlich die eines Obdachlosen wandert.

Peter und Manfred, zwei in Zelten lebende Obdachlose, haben inzwischen gemeinsam mit der Redaktion ein Büro in den Räumen des Diakonischen Werkes in der Bogenhagenstraße bezogen, von wo aus sie den Vertrieb der Startauflage von 30.000 Exemplaren organisieren. Bisher haben die beiden zwar erst eine Crew von 15 StraßenverkäuferInnen zusammen, doch trotzdem sind die beiden Vertriebsleiter optimistisch: „Auch Großbetriebe haben schon zugesagt, „Jetzt“ in ihren Firmen zu verkaufen“. Jörn Breiholz