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Männer ohne Teufel

■ Sag mir, wo die Männer sind: Die Volkshochschule, ihr Männerprogramm, und warum keiner kommt

Gern erzählt Wolfgang Künkler-Storath folgendes Gleichnis: Bei der Geburt stehen am Bett des Mädchens hundert Engel und am Bett des Jungen hundert Teufel. Im Laufe des Lebens wechseln jedes Jahr ein Teufel und ein Engel den Platz, so daß am Ende am Bett des Mannes hundert Engel stehen und am Bett der Frau hundert Teufel.

Mit den Engeln kann Künkler-Storath (46) nichts anfangen. Er ist an der Bremer Volkshochschule tätig, und da kommen nur Leute hin, die noch von ein paar Teufelchen besessen sind. Seit einigen Jahren bietet der gelernte Soziologe Kurse und Veranstaltungen für Männer an. Nur: Keiner kommt hin.

Dabei sind die Angebote so, daß sie haargenau auf Konflikte und aktuelle Probleme der Männer zielen — bei Frauen wären es meist „Selbstläufer“. Zum Beispiel „Mein Körper — mein Leben“. Ein Wochenende „Umgang mit unserem Körper“. Oder: „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr!(?)“ Oder: „Männer im Beziehungsstrudel“. Meditative Entspannung. Bewegung im Ruhestand. Kunst des Streitens. Lust auf Sex.

Einzig der Vollwert-Kochkurs für Männer („Geschirrtuch mitbringen!“) hat Zulauf. Alle anderen würden, ginge es nur nach den Regeln der Volkshochschule, ausfallen. „Die Volkshochschule ist weiblich,“ analysiert Künkler-Storath, „70 bis 80 Prozent der Teilnehmer sind Frauen. Männer gehen nur in die Bereiche Technik und Fortbildung.“

Haben sie also nicht den nötigen Leidensdruck, die Männer? Doch. Der Kursleiter kennt das Spiel: Er veranstaltet nämlich auch themenzentrierte Gesprächsreihen zu „Abenteuer, Gesundheit, Karriere und Konkurrenz, Partnerschaft...“, jeweils ein Abend, gratis, unverbindlich. Da kommen sie hin! Und da bleiben sie dann auch, nehmen jeden Termin wahr, und da passiert dann bisweilen so viel, daß es gar „mit ihnen durchgeht“. Dann braucht der Gestalttherapeut in Ausbildung sein gesamtes Handwerkszeug.

Offenbar haben Männer zunächst keine große Lust, acht Abende oder ein ganzes Wochenende lang über Probleme zu reden, doch wenn's denn einmal so weit ist, will es schier gar nicht mehr aufhören mit der Offenheit. Der Mann ein scheues Wild, das angefüttert werden will. Vielleicht nächstes Mal mit Drachenbauen und Ikarus-Mythos. Teufelfutter halt. Bus

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