Iranischer Geheimdienstchef auf Kungeltour

■ Vor dem Mykonos-Mordprozeß besucht der Geheimdienstchef Fallahani zur Verärgerung der Ermittler die deutschen Geheimdienstspitzen

Den Kölner Dom besichtigte der Gast aus dem Morgenland unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, unbemerkt von Öffentlichkeit und Medien. Doch sein wahres Interesse galt einer anderen Kölner Adresse: dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Ali Fallahani, Minister für Information und Sicherheit (Vevak) und damit Chef des berüchtigten iranischen Geheimdienstes, war am vergangenen Mittwoch samt einem Troß von 15 Mann mit dem Flug 721 der Iran Air in Köln- Bonn gelandet. Nach einer Unterredung mit dem Geheimdienstkoordinator Schmidbauer traf Fallahani mit Verfassungsschutzchef Werthebach zusammen. Deren Kungelei mit dem Geheimdienst des Irans hat Tradition: Im vergangenen Jahr weilten Schmidbauer und Werthebach in Teheran.

Am Donnerstag abend flog Fallahani dann unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen nach München weiter. Ziel: der Bundesnachrichtendienst in Pullach, wo er mit BND-Chef Konrad Porzner persönlich konferierte.

Über den Gegenstand der Geheimgespräche mit den bundesdeutschen Geheimdienstspitzen wurde, wie in solchen Kreisen beliebt, der Schleier der Geheimhaltung ausgebreitet. Bei einem Journalistengespräch am Freitag, das wohl die Normalität des ungeheuren Vorganges vorgaukeln sollte, bestätigte Fallahani nur, daß seit zwei Jahren eine Kooperation zwischen den Geheimdiensten beider Länder bestehe.

Bekannt ist, daß der Iran auf der Rangliste aller Nato-Geheimdienste ganz oben rangiert. Die haben vor allem die Rüstungsanstrengungen des Mullah-Staates im Bereich der ABC-Waffen im Visier. „Der Iran“, so ein beamteter Insider jüngst zur taz, „ist, wenn wir nicht teuflisch aufpassen, der Irak von morgen.“ Dies gerade wegen seiner drohenden Isolation als Folge der Annäherung zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn. So gehen die Chemiewaffenexperten des BND davon aus, daß der Iran sich über eine thailändische Firma bereits vor zwei Jahren Kopien der aus Deutschland stammenden Baupläne für die Giftgasfabrik im libyschen Rabta besorgt hat. Und über ihr „Contact Office“ in Düsseldorf koordinieren die Iraner unter den Augen der deutschen Behörden ihre europäischen Beschaffungsaktivitäten. Doch über diese geheimen Rüstungsprojekte wird Fallahani wohl kaum mit seinen Bonner Gastgebern geplaudert haben.

Dagegen nahmen die Aktivitäten iranischer Oppositioneller, allen voran der Volksmudschaheddin, die hierzulande vom iranischen Geheimdienst bespitzelt werden, offenbar auf der Tagesordnung breiten Raum ein. Fallahani beschwerte sich vor den Journalisten über die Freiräume für die Volksmudschaheddin in der BRD. Ob Informationen, gar Namenslisten oppositioneller Iraner ausgetauscht wurden – darüber schwiegen sich alle Beteiligten aus.

Den deutschen Sicherheitsbehörden wiederum sind die Umtriebe iranischer Agenten ein Dorn im Auge. Fallahanis Vevak ist nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen nicht nur für Folter Oppositioneller im Iran verantwortlich, sondern auch für die Verfolgung und Ermordung von Regimegegnern im Ausland. Zudem gilt Teheran als großzügiger Sponsor islamischer Fundamentalisten-Kommandos. Als Zentrale der Vevak-Auslandsaktivitäten gilt Geheimdienstexperten die iranische Mission am europäischen UNO-Sitz in Genf.

Das Timing der Bonn-Visite Fallahanis könnte mit einer exemplarischen Operation seiner Schergen zusammenhängen: In wenigen Wochen, am 28. Oktober, beginnt in Berlin der Prozeß gegen die drei Männer, die am 17. September letzten Jahres in einem Hinterzimmer des Berliner Lokals „Mykonos“ vier iranische Oppositionelle, Repräsentanten der Kurdischen Demokratischen Partei Irans, kaltblütig erschossen. Die Fahnder der „Sonderkommission Mykonos“ sind überzeugt, daß die Mörder im Auftrag des iranischen Geheimdienstes schossen. Beim verhafteten Anführer des Killerkommandos, dem 33jährigen Iraner Kazem Darabi, handelt es sich nach Ansicht des BKA um einen iranischen Geheimdienstmann, der seine Aktivitäten mit dem iranischen Generalkonsulat in Berlin abgestimmt hatte. Für die BKA- Staatsschutzabteilung ist klar, „daß der Anschlag vom 17.9.1992“, so ein BKA-Report, „eine staatsterroristische Operation des Iran war“. Nach Auskunft von BKA-Beamten war es Staatsminister Schmidbauer, der darauf drängte, die Verwicklung des Iran in den Mordanschlag zunächst nicht herauszustellen und nur gegen „Einzeltäter“ zu ermitteln. Mittlerweile warnte das BKA davor, daß mit „dem Prozeßbeginn entsprechende Reaktionen gewaltbereiter Kreise des Iran nicht auszuschließen“ seien.

Da stieß es manchen Ermittlern sauer auf, als sie von dem deutsch- persischen Kungel-Gipfel der Geheimdienstler erfuhren. „Der hätte doch sofort auf dem Flughafen verhaftet werden müssen“, empört sich im persönlichen Gespräch ein Ermittler. Auf einer Lagebesprechung im Kanzleramt bügelte Fallahanis Talk-Partner Schmidbauer jede Kritik brüsk ab: Die Kontakte zu Teheran seien wichtiger als polizeiliche Strafverfolgung. Thomas Scheuer