Resignation in der Drogenarbeit

■ Fachtagung zur Bestandsaufnahme der Bremer Drogenpolitik

Die DrogenarbeiterInnen geben sich geschlagen. So schleppend verlief ihre gestrige Fachtagung, auf der ein Versuch zur Bestandsaufnahme zu einem Jahr neuer Bremer Drogenpolitik stattfinden sollte. Eingeladen hatte der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik e.V. Und teilnehmen sollten AnwohnerInnen, BetreuerInnen, ÄrztInnen, Betroffene und SozialarbeiterInnen, eine bunte Mischung, die allerlei brisantes Versprechen könnte. Doch im Konsul-Hackfeld-Haus war das große Schweigen ausgebrochen. Die Schere im Kopf haben die Trägervereine offenbar behördenreif installiert. Ideen, Vorschläge wurden mit den Argumenten abgebogen, daß die Behörde dafür kein Geld locker machen würde. Moderator Albrecht Lampe (Geschäftsführer taz, früher DPWV) gelang es nur mit Mühe und List zu den verschiedenen Aspekten einige Meinungen zusammenzutragen. „Sollte man psychosoziale Betreuung und die Möglichkeit für Substituierte einer Arbeit nachzugehen, in einen Topf werfen?“, fragte Lampe. Die kleine Podiumsrunde der Experten sagte nichts, die etwa 50 TeilnehmerInnen sagten ebenfalls nichts. Erst auf einer Nachfrage des Moderators Lampe, fand sich eine Meinung einer Substituierten: „Man müsse in erster Linie dem Arbeitsamt klar machen, daß Substituierte arbeitsfähig sind.“ Dieter Amerskamp, Sozialarbeiter imHamburger DROB INN, wußte mit einigem Elan zu berichten, daß es ein klares Gutachten aus Berlin gäbe, wonach Substituierte arbeitsfähig seien. Aus Hamburg wurde weiterhin berichtet von fünf Stunden psychosozialer Betreuung pro substiuierte Person, einem Gruppenhaus in Dänemark und einem in der Toskana. Fragen, die in die Richtung gingen, wie die Hamburger das gemacht hätten, unterblieben ebenso wie Redebeiträge mit utopischen Visionen für Bremer Verhältnisse. Auch zu der Feststellung, daß es bei einer Schließung der DROBS keine medizinische Grundversorgung vor Ort für die Drogengebraucher gäbe, fand sich nur ein mattes: Ja, so wär' das dann.

Zeitgleich hatte die DROBS gestern ihren schon seit dem Frühjahr geplanten Tag der offenen Tür. Jede BürgerIn konnte sich in Ambulanz und Cafe umsehen. Die DROBS versteht sich als „Überlebenshilfe-Angebot“. „Da wir aber das letzte Angebot im Viertel sind, haben die Junkies die Erwartung, daß wir hier alles anbieten. Das können wir nicht“, sagt Sabine Frieden-Paland, Leiterin der DROBS. Ein Wunsch der DROBS wäre es, für die etwa 200 Substituierten ein anderes Angebot zu schaffen. Die Tagung hat es trotz ihrer großen Sprachlosigkeit immerhingeschafft, einen Forderungskatalog aufzustellen. Die freiwillige psychosoziale Betreuung der Substituierten und ihr Recht auf Arbeit ist einer der vielen Punkte. Dennoch solle sich staatliche Drogenpolitik nicht nur auf Abstinenz konzentrieren, faßte Raymund Suchland, 2. Vositzender von „Kommunale Drogenpolitik“, zusammen. Man forderte unter anderem Druckräume und Aufenthaltsräume und die Installierung des Utrechter Modells (Ausgegliederter Drogenstrich mit Betreungsangebot). Außerdem den Erhalt der medizinischen Grundversorgung und Verbesserungen der Impfmöglichkeiten, sowie Spritzen im Knast. Moderator Lampe hoffte, daß die TeilnehmerInnen „erneut in den Ring steigen“.

Vivianne Agena