piwik no script img

„Wir tappen noch im Dunkeln“

■ Datenschutzskandal beim Finanzamt: MitarbeiterInnen ergebnislos verhört

Die Oberfinanzdirektion tappt bei der Suche nach den Verantwortlichen für den Steuerdaten-Skandal im Finanzamt Neustadt-St. Pauli weiter im Dunkeln. Dort waren, wie die taz in ihrer gestrigen Ausgabe berichtete, personengeschützte Steuerunterlagen von über 1000 HamburgerInnen aus den Jahren 1983 bis 1986 zur Sperrmüllabfuhr offen auf die Straße gestellt und zum Teil von neugierigen Passanten mitgenommen worden.

Die Innenrevision der Oberfinanzdirektion verhörte auf der Suche nach dem Verantwortlichen in den vergangenen beiden Tagen die FinanzamtsmitarbeiterInnen, die den Sperrmüllabtransport organisiert hatten, sowie Beschäftigte der Lohnsteuerstellen. Bislang ergebnislos.

Bruno Dißars von der Oberfinanzdirektion: „Wir tappen noch im Dunkeln“. Dißars befürchtet, daß sich einzelne Beamte des Finanzamtes vorsätzlich ihrer Akten „entsorgen“ wollten. Bei Vorsatz aber würde die Datenschluderei zum Straftatbestand.

Bei den Betroffenen, die von der taz gestern darüber informiert wurden, daß ihre persönlichen Einkommens- und Steuerbescheinigungen offen auf der Straße lagen, herrscht blankes Entsetzen über die Datenschluderei. „Ich bin schockiert über diese unverantwortliche Vorgehensweise“, klagt der 40jährige Flugzeugmechaniker Wilfred F., dessen Einkommensbescheinigung sich in dem Aktenstapel am Bordstein befand. Wilfried F.: „Ich werde Anzeige gegen das Finanzamt erstatten“.

Auch Petra F. aus der Neustadt will sich „rechtliche Schritte überlegen“. Die kaufmännische Angestellte: „Eine Riesensauerei“. Den Fernfahrer Thomas G. aus der Glashüttenstraße „stört es persönlich zwar nicht besonders“, daß auch sein Lohnzettel aus dem Kalenderjahr 1984 in dem Sperrmüllberg rumflog: „Jeder kann wissen, was ich verdiene“. Trotzdem fordert er: „Die Leute, die das zu verantworten haben, müssen eins auf die Finger bekommen“.

Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen