Mehr als nur ein Waschsalon

■ Neu in Berlin: Alternativer Waschsalon, der saubere Wäsche anbietet und Sozialarbeit leistet / Angebot soll noch erweitert werden

Alternativer Waschsalon – das klingt nach solarbetriebenen Waschmaschinen und Molkewaschpulver, Wasser, das nach dem Waschgang den Toilettenkasten füllt. Nicht so im alternativen Waschsalon am Arkonaplatz 1. Dort stehen fünf schlichte Haushaltwaschmaschinen – versehen mit dem Gütesiegel „Öko-Lavamat“ – blitzblank in einer Reihe. Dazu ein Trockner mittlerer Größe und eine Heißmangel. Das Waschen übernimmt die „Waschfee“ Gerlinde Putz, die vom Sozialamt finanziert wird.

Der wunderbare Waschsalon in Berlin-Mitte, der am 1. Oktober eingeweiht wurde, kann vor allem soziale Trümpfe vorweisen. Denn am Arkonaplatz wird vorwiegend für ältere Leute und andere „sozial Schwache“ das sozialismusgeprüfte Spee in die Maschinen gekippt. Während die Maschinen laufen, können die Senioren im Café sitzen oder sich beraten lassen. Auch bei Behördengängen erhalten sie Unterstützung, eine Dusche und ein Kopiergerät erweitern das Angebot. Das vom Verein „Kowieko“ und dem Gleichstellungsamt Mitte initiierte Projekt beschäftigt mittlerweile 13 ABM- Kräfte. Die meisten davon machen Hausbesuche und schauen nur zwischendurch mal rein.

Ein bißchen Kiezkenntnis braucht der Kunde schon, um das kleine Schild an der Hauswand nicht zu übersehen, das mit einem rechtwinkligen Pfeil den Weg in den Hinterhof weist. Gleich hinter den Mülltonnen steht der Flachbau, der schon vor der Wende eine Wäscherei beherbergte. „Das schaffen wir nie!“ dachte Elvira Buchwald, Leiterin der Gleichstellungsstelle, als sie das kleine Haus im Frühjahr '92 von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte angeboten bekam. Gemeinsam mit Ursula Speer von der Arbeitsloseninitiative Urania hat sie dann „mit viel Geduld und Spucke das Projekt angeschoben“.

„Wir haben ordentlich die Trommel gerührt“, berichtet Waltraud Baer, die seit Juli einen ABM-Vertrag hat. Durch Besuche ihres alten Vaters im Heim wurde ihr Interesse für Altenpflege geweckt. Ihre Klientel mußten sie und ihre Kolleginnen vom Arkonaplatz, darunter zwei Männer, sich erst beschaffen. Mit Flugblattaktionen und über die Ärzte aus dem Kiez haben sie Kontakte zu Hilfsbedürftigen geknüpft, die inzwischen auch mal gerne vorbeischauen, um nur ein Täßchen Kaffee zu schlürfen und mit den Nachbarn zu plauschen. Mundpropaganda hat dann ihr übriges getan. „Meistens ist das hier wie im Taubenschlag“, betont Waltraud Baer, die früher als Cutterin im Rundfunkhaus Adlershof arbeitete. Hinter der neuen Arbeit steht sie jedenfalls mit Leib und Seele.

Inzwischen werden über 40 Menschen am Arkonaplatz 1 betreut, die meisten davon sind über 80 Jahre alt. Die zivilen Preise für die Wäsche – die Fünfkiloladung mit Kochen, Trocknen, Bügeln und Legen kostet neun Mark, den Buntwaschgang gibt's schon ab sechs – dürften bald noch mehr Kunden anlocken, die Ost-Renten liegen oftmals weit unter dem Existenzminimum. Die 86jährige Elsa Wilhelm zum Beispiel muß mit 620 DM Rente im Monat auskommen. Einmal holte sie sich Rat, weil sie von einer Drückerkolonne betrogen wurde.

Elvira Buchwald fängt zu schwärmen an, wenn sie die Zukunft des Projektes entwirft: „Das könnte die Begegnungsstätte im Kiez werden.“ Einen Wäscheauslieferungsdienst per Fahrrad, eine Fahrradwerkstatt für Jugendliche sowie ein Wohnprojekt für verwitwete ältere Frauen mit großer Wohnung, die zur Untervermietung an Studentinnen animiert werden sollen – das alles steht auf der Wunschliste der Gleichstellungsbeauftragten. Da kann man doch nur einen guten Waschgang wünschen. Jantje Hannover

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr