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Hose runterlassen!

■ Nach der Aktion „Kahlschlag“ jetzt die Kunstaktion „Open Air“ am Rembertikreisel / Wie beweglich ist die Kunst?

Im Mittelalter war es üblich, die Aussätzigen außerhalb der Stadtmauern unterzubringen. Bremen hatte für die Bedauernswerten das Remberti-Spital im Remberti-Viertel. Seit 1930 gab es städtebauliche Planungen, die Bremer Innenstadt mittels einer „Osttangente“ vom Verkehr zu entlasten. Schon die ältesten Pläne schlagen eine Schneise quer durchs Rembertiviertel vor („Mozarttrasse“). 1959 begann die Stadt mit dem Ankauf von Gebäuden und Liegenschaften, 1967 mit dem Abriß. Nach heftigem Widerstand der betroffenen Bevölkerung wurden die Pläne fallengelassen. Als urbanistische Narbe blieb der „Rembertikreisel“ zurück.

Heute ist der Rembertikreisel je nach Perspektive: ein ungepflegtes innerstädtisches Schandstück; eine reiche ökologische Nische; ein öffentlicher Druckraum für Junkies. Mithin ein ganz besonderer Ort, ein „urbanistischer Kristallisationspunkt“, wie Andreas Wegner von der „Gruppe Grün“ findet. Wegner hat ein umfangreiches Kunstprojekt für diesen „öffentlichen Raum“ entwickelt, das den Rembertikreisel ins Bremer Bewußtsein rücken soll. „Open Air“ startet an diesem Samstag mit neun KünstlerInnen bzw. Künstlergruppen.

Ein Dreivierteljahr Vorbereitungszeit brauchte Wegner, 80.000 Mark gab die Kulturbehörde, es wurden eine ganze Reihe ausländischer Positionen interessiert. Aus New York kommen z.B. die AIDS-Aktivistin und Künstlerin Marlene McCarty und Aura Rosenberg mit einem nachgebauten Lagerfeuer. Das Büro Bert aus Düsseldorf ist da, dessen Mitglied Jochen Becker die Aktion medial begleitet bzw. interpretiert; Andreas Walther (Berlin) bearbeitet die Plakatwände rund um den Platz. Und Fritz Rahmann hat mitten auf dem Kreisel einen LKW-Anhänger abstellen lassen, dessen Inneres sich den Vernissagebesuchern am Samstag erschließen wird.

Also wieder eine moralisch einwandfreie künstlerische Möblierung des Öffentlichen Raums, die man wahrnehmen kann oder auch nicht? Nein, es kam etwas dazwischen. Das Gartenbauamt als Vollstreckerin der Innenbehörde hat den Lagerplatz der Junkies vor zwei Wochen rigoros abgeholzt. Und damit „Open Air“ mit mehr Wirklichkeit konfrontiert, als es dem Projekt lieb war. Waren doch die auf die Situation bewohnter Wildnis zugeschnittenen Objekte schon fertig, und zudem: Wie sieht das denn aus, wenn der Platz für die Kunst freigeräumt wird? Kunst als Vorstufe der Urbanisierung der innerstädtischen Wildnis?

Insofern gewinnt das Projekt an Dynamik durch diesen behördlichen Brachialakt: Wohin wird der große Filzteppich von Kirsten Starke jetzt gebracht, wo das „Feuerchen“ hingestellt, die Laterne (Silvia Steiger)? Schärfer als zuvor muß das Projekt seine Rolle in der langen Geschichte des Rembertikreisels diskutieren: In welchem Verhältnis steht der administrative zum künstlerisvchen Eingriff? Schon fühlen sich Beteiligte zum Schilderfrevel aufgerufen, demontieren das „Zelten verboten“ des Amtes für Straßen- und Brückenbau und ersetzen es durch die Aufforderung „Hose runterlassen!“. Bus

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