Hornberger Schießen

■ Verteidigung beantragt die Einstellung des Gomondai-Prozesses

Dresden (taz) – Die drei Verteidiger im Strafprozeß um den Tod des Mosambikaners Jorge Gomondai haben gestern die Einstellung des Verfahrens beantragt. Zur Begründung hieß es, daß ihren Mandanten keine strafbaren Handlungen nachgewiesen werden konnten.

Auch Beobachter befürchten, daß der seit 14. September laufende Prozeß „wie das Hornberger Schießen“ endet. Die Verhandlungen haben keine Klarheit darüber schaffen können, ob Jorge Gomondai am 31. März 1991 bei einem Handgemenge mit einem Dutzend Jugendlicher aus der fahrenden Straßenbahn gesprungen ist oder gestoßen wurde. Die drei Angeklagten waren zwar zur Tatzeit in der Bahn, doch der Beweislage zufolge an dem Vorfall nicht unmittelbar beteiligt. Lediglich ein Angeklagter räumte ein, dem Mosambikaner „über den Kopf gestreichelt“ zu haben. Das Opfer war eine Woche nach der Tat im Krankenhaus verstorben.

Der Staatsanwalt lehnte den Antrag ab. Eine Verfahrenseinstellung sei „schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus“ nicht möglich. Darauf entgegnete Anwalt Jürgen Schille, daß „kein öffentliches Interesse mehr“ an diesem Verfahren bestehe.

Prozeßbeobachter werteten gegenüber der taz als „Skandal“, daß die Ausländerbeauftragte der Stadt Dresden lediglich zur Eröffnung des Verfahrens anwesend war. Es sei versäumt worden, Verbindungen zu Angehörigen des Opfers zu suchen. Eine Nebenklage scheidet aus, weil einer der Angeklagten zur Tatzeit Jugendlicher war. Sollte es nun zum Freispruch kommen, könnten nur die Angehörigen neu klagen. Doch die Beweislage wird davon auch nicht besser. Kommt es doch noch zu einem Schuldspruch, könnten die Angehörigen, und nur sie, ein Zivilrechtsverfahren anstrengen. Diese Chancen sind von der Stadt vergeben worden.

Am kommenden Donnerstag wird Staatsanwalt Jörg Klein sein Plädoyer halten. dek