Damenqual mit Happy End

■ Sieben Frauen, ein Krea-Moderator und ein paar Discopeople auf dem Weg zur „Miß Bremen"

Herr Mau tobt. „Wow!“ juchzt er, und gleich darauf: „Super!“ Herr Mau ist Moderator im Nebenberuf, sogar ein ganz besonderer: „Eigentlich bin ich eher ein Krea-Moderator“, verrät er der Presse. Nämlich: Herr Mau arbeitet richtig nach Konzept, versorgt die Oldienight Bottrop und den Tennisball Hagen mit maßgeschneiderten Sprüchen. Oder eben die Miß- Bremen-Wahl. Wenn er nur Zeit für ein Konzept gehabt hätte. Aber so juchzt er eben nochmal so schön ins Mikrofon: „Wow! Jetzt kommt... hm... Nicole! Nicole... äh... aus Bremen!" So eine Überraschung! Wow! Herr Mau tobt, und Nicole und der kleine Rest des Mißwahlpublikums im „Happy End“ lassen es halt eine Nacht lang über sich ergehen.

Nicole läßt sich nochmal das Rücken-Dekollete pudern. Nein, auch sie hat sich nicht groß vorbereitet. Nach der Arbeit kurz nach Hause, ein Griff in den Schrank. Das kurze Schwarze, ein paar Extra-Strumpfhosen. Bloß jetzt keine Laufmasche! Warum sie heute abend hier ist? Die amtierende Miß Bremen habe sie direkt angesprochen. Es hätten sich zuwenig Mädchen angemeldet. Ob Nicole nicht Zeit hätte. Na schön. Wenn's nicht klappt, auch nicht schlimm. Und wenn? Dann winkt vielleicht die Model-Karriere. Phillis hat schon weiter gedacht, bis zur Miß-Germany-Wahl im November, in Chemnitz. „Ach, ich will so natürlich wie möglich weiterleben und auch meine alten Freunde nicht vergessen.“

Herr Mau jedenfalls findet beide „super“. Er schüttelt seine Dauerkrause im Takt des Discobums: „Wow! Nicole... aus Bremen“, wie er seinen Karteikärtchen immer wieder entnimmt.

„Nicole, bist Du solo?“ Nicole ist vor allem genervt: „Ja.“ — „Wow! Super! Schau mal, wie sie alle gucken!“ Nicole guckt weg,

Mister Hamburg wacht über Miss Bremens GarderobeFoto: K.H.

läßt Herrn Mau auf seiner kleinen Bühen stehen und stöckelt zurück in die Garderobe.

Immerhin muß Mau sich zu fünf Kandidatinnen was Spontanes einfallen lassen. Sieben haben kurzfristig abgesagt. Angst vor dem hohen Niveau der Veranstaltung, meint die amtierende Miß Germany, Verona Feldbusch. Im Dezember wurde sie in Bremen gekrönt, nun geleitet sie als Schirmdame den Nachwuchs durch die Untiefen des Mißwahlgeschäfts. „Wir brauchen nicht nur große, schlanke Mädchen“, sagt sie, „sondern Mädchen mit Ausstrahlung.“ Gesicht, Figur, Bewegung würden bewertet, aber auch das „Interview“, das Gespräch mit dem Moderator. „Das ist natürlich kein Intelligenztest“, sagt sie. Da sei Herr Mau vor.

„Phillis“, fragt Mau in den Discobeat hinein, „magst Du ak

hier das Paar in der Garderobe

tuelle Musik?“ —„Ach, ich hör' viel Klassik. Am liebsten Tschaikowsky.“ —„Ah, ja... hm... Tschaikowsky lieben wir ja alle...“

Schon notieren es die Juroren. Was sollen sie auch sonst tun? Herr Mau jedenfalls hat es ihnen nicht verraten können. Und auch sonst niemand. Bis Miß Germany ihnen den Wahlmodus und die Punktevergabe erklärt, ist die Nacht fast vorbei. Bodo, der Bodybuilder, schüttelt sein blondes Haupt über die Organisation. Die anderen schließen Wetten ab, ob noch irgendwas Sinnvolles passiert. Schließlich sind sie nicht nur Juroren, sondern praktischerweise auch Sponsoren der Wahl.

Nicola („aus Bremen!“) baut sich im Pailettenkleid neben Herrn Mau auf. Sie wirft sich in Pose und schaut dabei gekonnt verächtlich auf die Gaffer, dann auf den Moderator. „Nicola, könntest Du Dich für einen der schönen Herren da vorn im Publikum entscheiden?“ „Nein, ich bin doch kurzsichtig...“, fertigt sie Mau ab. Wow!

Das Publikum sieht's mit Freude. „Gottschalk für Arme“, benotet ein Gast Maus Auftritt. Mit Langmut verfolgt er die Prozedur. Bis Tina kommt. Die hatte Herr Mau nicht auf der Liste: „Tina, die Tresenkraft“, vom Happy End nämlich, erscheint in letzter Minute. Lustlos trabt sie in die Arena. Mit sanfter Gewalt hat die Kneipenmannschaft sie überredet, die Kandidatinnenriege zu bereichern. Herr Mau findet's, ja, wie denn, „super“. Das Publikum johlt der Lokal- Matadorin zu. Herrn Mau fehlen die Worte. Tina auch. Dann wird sie gewählt. tom