■ Scheibengericht
: Sierra Maestra

Son Highlights from Cuba

Wergo-Schallplatten SM 1511-2

In den letzten Jahren ist Salsa zum Wahrzeichen lateinamerikanischer Musik schlechthin geworden. Dabei ist es noch keine dreißig Jahre her, daß der Stil in den USA entstanden ist — als Resultat eines kulturellen Zusammenpralls. Kubanische Musiker im Exil verbanden ihren Fundus an traditionellen Rhythmen und Melodien Mittelamerikas mit Bläserarrangements, Drumbeats und Baßfiguren, wie sie damals in Rock und Pop aktuell waren. Heraus kam ein Tropical Mix für die Latinoviertel der US- amerikanischen Großstädte. Seine Hauptquelle bildete der son – die alte Volksmusik Kubas, die es dort bis heute in vielerlei Variationen gibt. Dieser Musikstil stammt ursprünglich aus den Bergen im Osten der Insel, wo er Anfang des Jahrhunderts auf der kleinen „Tres“-Gitarre, diversen Trommeln und Perkussionsinstrumenten sowie der „Marimbula“ gespielt wurde, einer Kiste mit Eisenlamellen (auf der Nachbarinsel Jamaika „Rhumba-Box“ genannt), die den Baß abgab. Später kamen Gitarre und Trompete dazu, die Baßbox wurde durch einen Stehbaß, später durch eine Baßgitarre ersetzt. Mit diesem Instrumentarium wird ein Gesang begleitet, der auf einem Frage- und Antwortschema beruht, wobei sich Sologesang (canto) und Chorus (montuno) abwechseln.

Die neunköpfige Gruppe Sierra Maestra, die sich nach dem Gebirge benannt hat, aus dem der son stammt (und das später als die operative Basis für die Guerilleros um Fidel Castro und Che Guevara in die Geschichte einging), pflegt bis heute die Tradition des son montuno, des klassischen „rustikalen“ Stils, wie er in den zwanziger und dreißiger Jahren auf Kuba populär wurde. Klanghölzer, Kuhglocken, Bongos, Congas, Schaber und Rasseln sorgen für das dichte Rhythmusgeflecht, das dem temperamentvollen Wechselgesang als Grundlage dient, um sich in Stegreiferfindungen von Textpassagen auszutoben, angefeuert von heißen Improvisationseinwürfen der Tompete. Und das Publikum steigt mit ein. „Que orchestra es esta?“ (Welche Band ist das?) ruft der Vorsänger ins Auditorium. „Maestra, Maestra“, hallt die vielstimmige Antwort zurück.