Dasa-Irrflug kostet 16.000 den Job

Mit einem massiven Arbeitsplatzabbau reagiert der Luft- und Raumfahrtkonzern auf Auftragseinbruch und Millionenverluste / Sechs Standorte werden geschlossen  ■ Von Erwin Single

Berlin (taz) – Klar gesagt hat es in den letzten Monaten niemand, aber viele im Daimler-Aufsichtsrat wußten seit langem Bescheid: Nur durch das Abwerfen von Ballast kann die Deutsche Aerospace (Dasa) vor einem jähen Absturz gerettet werden. Gestern ließ nun Dasa-Commander Jürgen Schrempp die Katze aus dem Sack: 16.000 der ingesamt rund 80.000 Beschäftigten werden bis Ende 1996 ihren Arbeitsplatz bei dem Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsunternehmen verlieren; sechs Standorte, darunter die beiden Airbus-Werke Lemwerder bei Bremen (1.136 Beschäftigte) und Neuaubing bei München (1.161) werden dichtgemacht.

Den massiven Personaleinschnitt begründete der notorische Berufsoptimist Schrempp mit der Notwendigkeit einer „dramatischen Anpassung“ an die gegenwärtig schlechte Wirtschaftslage. Um Kosten von 1,5 Milliarden Mark jährlich will sich der Konzern mit diesem Maßnahmenpaket erleichtern. „Wer heute erkennt, was zu tun ist, ohne es zu tun“, warb der Dasa-Chef um Verständnis für den unpopulären Schritt, „der versetzt der Luft- und Raumfahrtindustrie den Todesstoß.“ Dramatischer hätte es selbst Shakespeare nicht ausdrücken können. Daß die Lage bei der einst als so zukunftsträchtig gepriesenen Daimler-Sparte derart mies ist, weiß die Dasa-Crew nicht erst seit heute. Im letzten Jahr wies das Unternehmen bei einem Umsatz von 17,3 Milliarden einen Verlust von 341 Millionen Mark aus – und das nur, weil das Defizit mit den satten Airbus-Gewinnen schöngerechnet werden konnte. Schon vor einem Jahr mußte Schrempp den Abbau von 7.500 Stellen bis 1994 bekanntgegeben. Doch in diesem Jahr sollte es noch schlimmer kommen: Die ehrgeizigen Raumfahrtprojekte Columbus und Hermes sind vorerst gestoppt, der Rüstungsbereich erhält wegen der leeren Staatskasse immer weniger Aufträge, und die zivile Luftfahrt, mit 44 Prozent des Umsatzes stärkste Säule des Dasa-Konglomerats, befindet sich selbst in schweren Turbulenzen. Die Airlines stornieren reihenweise ihre Bestellungen.

Jetzt muß Schrempp, der bei seinem Job immer mit fünf Gleichungen und zehn Unbekannten jongliert, zur Notlandung ansetzen. Der Personalabbau entfällt zum größten Teil auf den Bereich Luftfahrt, wo rund 6.500 Stellen gestrichen werden; im tiefroten Rüstungsbereich sind es 2.500. Der Betriebsrat befürchtet, daß bei einem Ausstieg aus dem Eurofighter noch einmal Tausende von Arbeitsplätzen auf der Kippe stehen.

Nicht wenige Kritiker haben der Dasa den Irrflug prophezeit und ihr schwere Managementfehler in der Einkaufspolitik (Fokker) und in der Reorganisation (Dornier, Rüstung) vorgeworfen. Nun ist Aufräumen angesagt, und seit sich VW einen kaltblütigen Spanier als Sanierer hält, möchte in der deutschen Wirtschaft jeder gerne einmal López im eigenen Laden sein. „Wir können jetzt nicht mehr nach dem Prinzip Hoffnung leben“, weiß denn auch Schrempp.