Die Kohle liegt auf dem Rasen

■ Der Europapokalwettbewerb – das Millionengeschäft

Berlin (taz) – Noch sind erst die Hinspiele des Europapokals über die Fußballplätze gegangen. Das deutsche Six-pack hat sich leidlich aus der Affäre gezogen. Ja, gewiß doch. Sie haben recht. Eigentlich dürfte man allenfalls Leverkusen samt seinem Trainer Stepanovic, der immer so aussieht, als ob er direkt aus einem Mafiosi-Film auf den Rasen trete, ob der vollbrachten Leistung auf die Schulter tätscheln: 4:1 in Athen. In vollendeter Schönheit gewonnen. Selbst ohne den gesperrten Bernd Schuster.

Aber, für die anderen ist Hopfen, Malz und Kohle noch nicht verloren: Dortmund schwächelte sich über die Zeit – 0:0 bei Branik Maribor. Bremen vertändelte in Sofia einen 2:0-Vorsprung zu einem 2:2-Unentschieden. Und selbst Karlsruhe, der Neuling im Europacup-Wettbewerb, der ohne die gymnastikreichen Gesten von „Winnie“, welchen ein Gerichtsspruch in den Schalensitz auf die Tribüne verbannt hatte, den Ball vorantreiben mußte, hofft weiter. Trotz eines schmachvollen 1:3 in Valencia. Schäfer scheint den im einzwängenden Sitze nicht gänzlich erschöpften Bewegungsdrang in unbändigem Optimismus auszuleben: „Wir packen es.“ Sagt der Trainer. Das Kopfballtor von Edgar Schmitt, der anfänglich beim KSC fremdelte, aber sein Frankfurter Heimweh nun gewinnbringend in Tore ummünzt, sei das „Tor zum Weiterkommen“.

Merke, die Jungs können nicht nur trainieren, sondern auch rechnen. Das müssen sie auch. Man stelle sich vor, Schmitt wäre das Auswärtstor nicht geglückt ... Oder die Bremer hätten in der Nachspielzeit nicht den Ausgleich gefangen ... Eben. Der KSC hätte sich mitsamt seinen Ambitionen – wobei der Wunsch nach der Vorherrschaft im baden-württembergischen Ländervergleich das kleinste Ziel sein dürfte – für den Winter einmotten können. Wer mit drei Millionen Mark brutto für das Rückspiel kalkulieren kann, der will auch mehr. Und die Bremer Fußballmusikanten? Die hätten sich, so paradox es scheint, ohne den Ausgleich vielleicht auf weniger klingende Münzen einstellen müssen. Ob des größeren Nervenkitzels rechnet Manager Willi Lemke, das „Cleverle“, mit einem Full house beim Rückspiel. Tore sind harte Devisen.

Bremen, Leverkusen, München, Karlsruhe, Dortmund und Frankfurt erwarten insgesamt etwa 17,5 Millionen Mark Ertrag aus der zweiten Europapokalrunde. Das meiste kommt aus dem Fernsehtopf. Ähnlich wie bei der Bundesliga: Fernsehgelder erspielen 700 Millionen Mark dank einem Fünfjahresvertrag zwischen dem Deutschen Fußballbund (DFB) und der Vermarktungsagentur ISPR. Jeder Erstligist kommt in den Genuß von 4,1 Millionen Mark durch die Sportschaulust der TV-Konsumenten. Vorab garantiert. Ähnlich werden die Scheinchen im Europapokal verteilt. 60 Millionen Mark, welche die Rechtehändler ISPR und Ufa für die Heimspiele an die deutschen Klubs überweisen, fließen in ein gemeinsames Portemonnaie. Rund elf Millionen kassieren die Pokalteilnehmer. Und sollte Meister Werder die „Champions league“ erreichen, garantiert gar die UEFA volle Kassen. Otto Rehhagel dürfte bereits an seinem Weihnachtswunschzettel nach neuen (alten) Spielern angesichts der erwarteten Einnahme (zehn Millionen) basteln. Dortmund beklagt sich nicht zu Unrecht über die mittwöchige Nullnummer. Schließlich weiß der neureiche Ruhrpott- Klub, wieviel Kohle auf dem Rasen wirklich zu verdienen ist: mit 25 Millionen avancierte Borussia im Vorjahr als UEFA-Cup-Finalist zum Klassensieger (allein 15 Milliönchen via Glotze). Noch ist gar nichts verloren. Cornelia Heim