Bundesbank senkt weiter die Leitzinsen

■ Mit dem siebten Trippelschritt in diesem Jahr werden Diskont- und Lombardsatz auf 5,75 und 6,75 Prozent reduziert / Wirtschaft und Regierung können sich freuen

Berlin (taz) – Jede Zeit hat ihre beliebtesten Kennzahlen. Ob die Deutsche Bundesbank einmal im Monat die Zinsen senkt oder auch nicht, darauf warten gespannt Banker und Häuslesbauer, Politiker und Industrielle. Nach monatelangen Trippelschritten haben die Herren aus der Frankfurter Epstein-Straße gestern wieder einmal ein deutliches Signal für die lahmende Konjunktur und die internationale Finanzwelt gesetzt: Sie senkten die Leitzinsen um jeweils einen halben Prozentpunkt. Damit beträgt der Diskontsatz nunmehr 5,75 (6,25) und der Lombardsatz 6,75 (7,25) Prozent. Gleichzeitig wurde der Satz für Wertpapierpensionsgeschäfte von 6,67 auf 6,40 Prozent zurückgenommen.

Die siebte Zinssenkung in diesem Jahr und die erste seit seinem Amtsantritt begründete Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer mit einer „Aufhellung der Stabilitätsperspektiven“: So hat sich die Geldmenge geringer ausgeweitet, als ursprünglich angenommen, und auch die Inflation scheint vorerst gebremst. Zwar sei die Teuerungsrate im Jahresvergleich mit 4,0 Prozent noch immer zu hoch, dahinter stecke aber im wesentlichen die letzte Mehrwertsteuererhöhung. Der steigende Wechselkurs der Mark nach dem faktischen Zusammenbruch des Europäischen Währungssystems und die massiven Kapitalzuflüsse aus dem Ausland haben ein übriges getan, um dem als Bremser bekannten Zentralbankrat den Schritt zu einer weiteren Zinssenkung zu erleichtern. Die D-Mark, europäischer Prügelknabe mit belastender Ost-Hypothek, mausert sich allen Unkenrufen zum Trotz wieder zum leuchtenden Star der Euro- Währungen. Gegenüber den EWS-Währungen hat sie seit Juli zwei Prozent, gegenüber dem US- Dollar sogar 5,5 Prozent an Wert gewonnen. Dies belastet die Exporte, so daß die neuerliche Zinssenkung auch hier ein wenig Linderung bringen dürfte. So sind wieder einmal alle glücklich und zufrieden: Die Wirtschaft schöpft Hoffnung, der Finanzminister bedankt sich, und die Währungshüter haben ihr Gesicht gewahrt.

Die Veränderung der Sätze für Diskont- und Lombardkredite zählt zu den klassischen geldpolitischen Steuerungsinstrumenten. Den Diskontsatz müssen Kreditinstitute bezahlen, wenn sie Handelswechsel an die Bundesbank weiterverkaufen. Sie können sich auf diese Weise aber nicht unbeschränkt Geld besorgen. Den Lombardsatz berechnet die Notenbank bei der Verpfändung börsennotierter Wertpapiere. Zwischen beiden ist der Zinssatz für Wertpapierpensionsgeschäfte angesiedelt: Hierüber besorgen sich die Banken kurzfristiges Geld bei der Bundesbank. Erwin Single