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■ Ende des schwarzen Kanals am 1.1.: "FAZ" steigt aus dem TV-Geschäft aus

Die „Tele-FAZ“ und ihr „Hessen-Report“ sind gescheitert: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hängt ihr TV-Engagement an den Nagel und kickt die für RTL produzierte Regionalsendung „Hessen-Report“ am 1.11. aus dem Programm. Die redaktionelle Verantwortung der Nachfolgesendung „RTL Hessen Live“ bleibt dann in der Kölner RTL- Zentrale. Aus dem „Tele-FAZ“- Team übernahm RTL nur zwei Redakteure: Vor allem MitarbeiterInnen, die dem HR verbunden sind, arbeiten nun in Sachen „Hessen live“ für den Kommerzsender. Angesichts dieser Tatsache stellte sich ein hessischer CDU-Abgeordneter die Frage, ob der „Hessen-Report“ nun überhaupt noch ein – von der CDU gewünschtes – Kontrastprogramm zum HR sein werde.

Einst war die FAZ sehr stolz auf ihr Telekind. Der damals zuständige FAZ-Herausgeber Dechamps: „Pressefreiheit heißt, auch freien Zugang zu den elektronischen Medien zu haben.“ Sein Nachfolger Hugo Müller-Vogg, selbst als Moderator tätig, räumt ein, daß sich die Erwartungen in das TV-Geschäft nicht erfüllt hätten. Die enorm hohen Fixkosten habe keiner voraussehen wollen.

Vor zehn Jahren startete in Frankfurt das lokale Fernsehen, doch nicht auf den Bildschirmen zu Hause. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung installierte in ganz Mainhattan Monitorwände, auf denen „täglich neu – ein buntes, lebendiges lokales Fernsehprogramm abläuft“ (Eigenwerbung). Dann ging ihr Traum in Erfüllung: Ab 1990 durfte eine „echte“ Regionalsendung für RTL produziert werden. Geburtshelfer war die damalige CDU/FDP-Koalition in Wiesbaden mit Walter Wallmann an der Spitze. Der „Hessen-Report“ wurde als Gegenmodell zur traditionell liberal orientierten „Hessenschau“ des HR konzipiert.

In den ersten Monaten war die Bildschirmpräsenz Wallmanns (CDU) überdurchschnittlich hoch. Abgrenzen wollte man sich vom Konkurrenten auch mit Porträts hessischer Unternehmer. Doch das bieder-konservative Konzept ging nicht auf. Über einen Marktanteil von sechs Prozent kam der „Hessen-Report“ nicht hinaus. Die „Hessenschau“ – seit jeher Flaggschiff in Hessen Drei – verbucht 13 Prozent Marktanteil, und selbst RTL-Chefredakteur Dieter Lesche erinnerte die „Tele-FAZ“ an den „Charme der frühen fünfziger Jahre“.

Dennoch wurde der Stab auf 65 Stellen erweitert. Nicht nur dies führte zu finanziellen Engpässen. „Ingesamt haben die elektronischen Abenteuer – von Bildschirmtext bis zum Stadtfernsehen an U-Bahn-Haltestellen – die FAZ rund 30 Millionen Mark gekostet“, rechnete der Spiegel auf und kommentierte: „Den Flop steckt die FAZ-Gruppe nicht so einfach weg.“

Die ebenfalls im Spiegel veröffentlichten Nachrichten, daß „Tele-FAZ“-Chefredakteur Jörg Hoffmeister nebenbei Softpornos drehte und von Produktionsfirmen Bestechungsprovisionen für Aufträge kassierte, war der FAZ-Chefetage besonders peinlich. Hoffmeister wurde entlassen, dann machten die Geschäftsführer Nägel mit Köpfen: Ausstieg aus dem Fernsehgeschäft. Die FAZ, die sich in der Vergangenheit im HR-Dauerbeschuß übte, hat jetzt einen neuen Gegner entdeckt: den Geschäftspartner in Köln (an dem sie weiterhin ein Prozent hält). Die Zeitung titelte: „RTL soll seriös und 60 Minuten lang berichten.“ Stefan Müller