Jusos unterstützen Jens Reich

■ Juso-Vize Arne Grimm begründet den Vorstandsbeschluß

taz: Die SPD hat bislang keinen Zweifel daran gelassen, daß sie mit Johannes Rau den besten Kandidaten für die Weizsäcker-Nachfolge schon gefunden hat. Jetzt kommen die Jusos und unterstützen Jens Reich. Wie das?

Arne Grimm: Die Jusos wollten damit nicht ausdrücken, daß sie Johannes Rau für besonders ungeeignet halten würden. Doch wir denken, daß Jens Reich der bessere Kandidat ist. Er könnte am besten von allen Bewerbern die Ost-West-Ressentiments abbauen, er ist ein Politiker, der in ganz ausgeprägter Weise globale Themen begreift, über den Tag hinausschaut und Alternativen formuliert. Zudem wurde er aus der Mitte der Gesellschaft vorgeschlagen, ist also kein Parteienkandidat. Ich denke, man könnte mit Jens Reich dem Populismus, der in einer Atmosphäre von Parteienverdrossenheit weiter wächst, wirklich etwas entgegensetzen.

Was kann Ihre Intervention in der Partei bewirken?

Jens Reich wurde als erster Kandidat vorgeschlagen. Die SPD wie die anderen Parteien hätten die Chance gehabt, sich mit Reich auf einen All-Parteien-Kandidaten zu einigen. Statt dessen haben die etablierten Parteien den Vorschlag ignoriert und durch die Nominierungen von Heitmann, Rau und Hamm-Brücher diese Möglichkeit verhindert. Jetzt haben wir eine ziemlich verfahrene Situation, und alle wissen insgeheim, daß es so nicht weitergeht. Wir sehen deshalb noch immer die Chance, sich am Ende auf einen gemeinsamen Vorschlag zu einigen.

Aber bislang demonstriert die Partei Geschlossenheit.

Also, ich sehe auch in der SPD viel Sympathie und vereinzelt auch schon Unterstützung für Jens Reich. Der SPD-Parteitag wird wohl mit nahezu hundertprozentiger Mehrheit Rau unterstützen. Aber die Frage ist doch, wie verhalten wir uns weiter? Ist die SPD noch für andere Möglichkeiten offen? Wer glaubt denn, daß die Union bis zur letzten Konsequenz bei Heitmann bleibt? Schon deshalb wird es in dieser Debatte nochmal Bewegung geben. Es wird für die Koalition ja nicht so schwer sein, noch einen geeigneteren Kandidaten als Heitmann zu finden. Dann ist klar: Rau wird es nicht. Soweit müßte auch die SPD rechnen können. Man muß sich dann auch schon fragen, ob wir das Johannes Rau zumuten wollen. Will man ihn denn am Schluß in einem aussichtslosen Rennen verballern?

Was werden die Jusos tun, um für ihren Vorschlag in der Partei zu werben?

Wir haben bislang diese Erklärung abgegeben, die ja in der SPD sehr schnell angekommen ist. Die Parteisprecherin reagierte bereits nach zwanzig Minuten und forderte uns auf, das doch nochmal zu überlegen. Ich denke, wir werden uns in dieser Frage weiter zu Wort melden.

Also die Hoffnung des SPD- Vorstandes, die Jusos würden „ihren Irrtum korrigieren“, wollen Sie nicht erfüllen?

Ich denke nicht. Interview: Matthias Geis