Israel-Reise im „Erklärungsnotstand“

■ Rechtsradikale Jugendliche fielen in Israel doch auf

Dresden (taz) – Zum Verlauf der umstrittenen Israel-Reise von rechtsradikalen Jugendlichen mit der Dresdener Ausländerbeauftragten gibt es weiterhin widersprüchliche Aussagen. Der in Berlin lebende freie Journalist Bruno Schirra bestätigte gestern gegenüber der taz: „Die Darstellung des Spiegel stimmt.“ Schirra hatte die Gruppe während der Reise begleitet und sei von einem der rechten Jugendlichen selbst als „Judenschwein“ beschimpft worden.

In Israel hätten die Jugendlichen nach Angaben Schirras mit ihrem Recorder beispielsweise öffentlich Lieder von rechtsextremen Skin-Gruppen gespielt. Die gegenteilige Darstellung (s. gestrige taz) durch den israelischen Reiseleiter begründete der Journalist mit „Erklärungsnotstand“. Vor seinen Landsleuten hätte sich der Reiseleiter Israel Unger „immer wieder dafür rechtfertigen müssen, mit solchen Leuten durch Israel zu reisen.“ Auch die mitreisenden Dresdener Jüdinnen hätten zugegeben, sie hätten Angst, nach Hause zurückzukehren.

Schirra beschrieb die Jugendgruppe im Alter von 17 bis 25 Jahren als „nicht homogen“. Es habe „mindestens zwei Gruppen gegeben, eine, die nach eigenen Angaben über gefestigte NS-Ideale verfüge, und die andere mit apolitischen Leuten aus der Skin- und Hooligan-Szene.“ Man könne also „auf keinen Fall davon sprechen, daß eine Horde Neonazis durch Israel gezogen“ sei. Doch es habe während der gesamten Reise Versuche der rechtsextremen Kader gegeben, die anderen „zu rekrutieren“, was in „mindestens einem Fall“ auch gelungen sei.

Nach Schirras Auffassung sollten Reisen nach Israel und zu den Gedenkstätten des faschistischen Völkermordes auch mit solchen Jugendlichen, die sich politisch rechts orientieren, „so oft wie möglich unternommen werden“, jedoch nur nach Vorbereitungen „bis ins kleinste Detail“ und mit „qualifizierter Begleitung“. Beides habe er bei der Dresdener Reise vermißt. In Israel gebe es Partner, die ein solches Projekt mit ihren reichen Erfahrungen unterstützen könnten. Diese seien jedoch nachweislich nicht angesprochen worden.

Die Dresdener Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker- Adolph vertritt die Meinung, daß sich die rechten Jugendlichen nach dem Erlebnis Israel „ein ganzes Stück auf den Weg gemacht“ hätten, daß sich ihr Bewußtsein „an entscheidenden Punkten verändert“ habe: „Sie haben Antisemitismus abgebaut, durch Begegnungen mit jungen Menschen in Israel und durch die erschütternden Eindrücke von Yad Vashem.“ dek