„Nur der Iran hilft uns“

■ Tausende Aserbaidschaner fliehen vor Einheiten der Karabach-Armenier

Imischli (AFP) – Im Schlamm und der Kälte des frühzeitigen Wintereinbruchs sitzen Tausende aserbaidschanische Flüchtlinge in Lagern an der Grenze zum Iran fest. Sie berichten von ihrer panischen Flucht vor den Bombardements der Armenier aus der zu Aserbaidschan gehörenden Enklave Berg-Karabach. Viele haben Angehörige verloren. Die iranische Regierung hat auf Bitten der aserbaidschanischen Regierung vier Flüchtlingslager in der Grenzregion Imischli auf aserbaidschanischem Boden errichtet und bislang rund 30.000 Menschen notdürftig versorgt. „Wir haben nichts getan, wir wollen wieder in unsere Dörfer zurück“, sagt der 55 Jahre alte Bauer Asghari Husseinof aus dem Dorf Dilagharda bei Sangelan, an der Grenze zwischen Armenien und dem Südwesten Aserbaidschans. Er nahm nur einige Pappkoffer mit – und seine Erinnerungen: „Als der Beschuß begann, sahen wir die Armenier näherrücken. In einer halben Stunde mußten wir weg. Wir liefen in Richtung Grenze, am Abend sahen wir unser Haus brennen.“ Sechs Angehörige des Tierarztes Aschraf Said Aliew aus Deschebrail wurden auf der Flucht getötet. Nach Angaben mehrerer Flüchtlinge ertranken zahlreiche Menschen im Arax, dem Grenzfluß zu Iran. Darunter sollen rund 100 aserbaidschanische Kinder sein.

Laut iranischen Berichten wurden in den vergangenen drei Tagen sieben Leichen aus dem Arax geborgen. Die Flüchtlinge beschuldigen alle Welt: Die Armenier wollten ihr Land rauben, die aserbaidschanische Regierung habe sie verraten. Die Russen verkauften Waffen an die Feinde, die auch von den Amerikanern und Franzosen unterstützt würden. „Nur Iran steht auf unserer Seite“, unterstreicht eine Krankenschwester, die ein Mediziner-Team des iranischen Roten Halbmondes im Lager unterstützt. Die Bemühungen seien sehr unzureichend, vor allem angesichts der harten Winter in der Region, wird von iranischer Seite anerkannt. Weitere 20.000 Flüchtlinge sollen noch in den kommenden Tagen aus Iran in die Flüchtlingslager gebracht werden, und wenn die Karabach-Einheiten weiter vorrücken, wird eine neue Flüchtlingswelle erwartet.

Der iranische Flüchtlingsbeauftragte Ahmad Hosseini forderte denn auch bei einem Besuch im Lager die internationale Gemeinschaft „dringend“ auf, mit der Hilfe für die aserbaidschanischen Flüchtlinge zu beginnen. Bislang sei kaum ausländische Hilfe gekommen. Nur das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) habe 40 Tonnen Lebensmittel geschickt. Benötigt würden vor allem Zelte, warme Decken und Winterkleidung, aber auch medizinische Güter und Ärzte. Ein UNHCR-Mitarbeiter fürchtet, daß das kalte und regnerische Wetter zu zahlreichen Erkrankungen der Flüchtlinge führen könnte. Laurent Maillard