Ludwig Erhard als Pate

■ Gesetzentwurf von B 90/Grüne

Berlin (taz) – Bündnis 90/Die Grünen beruft sich auf Ludwig Erhard. Mit den gleichen Mitteln, mit denen dieser 1952 die gebeutelte Kohle-, Eisen- und Energiewirtschaft aufrichtete, soll jetzt die Wirtschaft in Ostdeutschland gestützt werden: Reiche Betriebe zahlen für notleidende Firmen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Werner Schulz, stellte gestern den Entwurf eines Investitionshilfegesetzes vor.

Schon ab Anfang 1994 sollen westdeutsche Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften, zunächst 12 Prozent davon in den Osten überweisen – später sinkt der Anteil auf sechs Prozent ab. „Es ist an der Zeit, die Trittbrettfahrer der deutschen Vereinigung endlich in die patriotische Pflicht zu nehmen“, so Schulz. Etwa fünf bis zehn Mrd. Mark könnten so zusammenkommen.

In jedem neuen Bundesland soll ein Landesausschuß eingerichtet werden, der die Gelder verwaltet. Die darin sitzenden Vertreter der Landesregierung, der Bundesanstalt für Arbeit sowie der Arbeitgeber, Gewerkschaften und Umweltverbände könnten entscheiden, welche Betriebe aus dem Fonds eine Finanzspritze bekommen. Kriterium soll nach dem Willen von Bündnis 90/Die Grünen aber vor allem sein, ob die Antragsteller das Geld für eine umweltfreundliche Produktion einsetzen.

„Subventionen für Kohle, Stahl und Werften sind im Grunde falsch“, so Schulz. Die Zukunft der deutschen Wirtschaft könne nur in intelligenten Produktionen liegen. Bei neuen Energietechniken habe Deutschland noch die Chance, Marktführer zu werden. Und auch die Rekultivierung radioaktiv verseuchter Böden, wie sie gerade in Wismut entwickelt wird, verspreche Gewinnmöglichkeiten.

Der unter Federführung des Bremer Professors Rudolf Hickel ausgearbeitete Vorschlag ist nicht neu. Allerdings entstand die Idee in günstigeren Zeiten, als die Wirtschaft in Westdeutschland noch boomte. Dennoch ist sich Schulz sicher, daß viele jüngere Abgeordnete auch aus der CDU/CSU mit den Vorschlägen sympathisieren. Und auch von Leuten wie Daimler-Chef Edzard Reuter werde man mittlerweile als Gesprächspartner ernstgenommen. „Es kommt darauf an, die Marschrichtung gemeinsam zu erarbeiten und nicht Knall auf Fall die Altindustrien abzuschaffen.“ aje