: Gesetze sollen die Prüfungen an den Unis regeln
■ Vor dem „Bildungsgipfel“ beim Kanzler hauen die Länderchefs auf die Pauke
Berlin (dpa/taz) – An den Unis soll künftig nur noch neun Semester lang studiert werden. Der Beschluß ist nicht neu, aber im Hinblick auf den „Bildungsgipfel“ kommende Woche bei Kanzler Kohl haben ihn die Ministerpräsidenten der Länder verschärft. Um die sogenannten Regelstudienzeiten verbindlich zu machen, wollen die Länder nun per Gesetz den Pflichtlernstoff und die Prüfungen drastisch begrenzen. Bislang bestimmen darüber die Fachbereiche der Universitäten.
Die Länder folgen damit dem Vorbild Nordrhein-Westfalens, das im Sommer unter heftigem Protest der Universitäten die Studienzeiten per Gesetz kappte. Gleichzeitig sollen „angemessene Studienbedingungen“ geschaffen werden. „Staat und Hochschulen müssen dafür Sorge tragen, daß das Studium innerhalb der Regelstudienzeit bewältigt werden kann“, heißt es in einer von dpa verbreiteten Erklärung der Ministerpräsidenten. Erreicht werden soll dies unter anderem durch eine Verbesserung der Lehre an den Hochschulen. Dies aber wird nicht etwa durch mehr Lehrkräfte für die vollkommen unterausgestatteten Unis bewirkt, sondern „durch verstärkten Einsatz von Tutorien“ – das sind von studentischen Hilfskräften geleitete Lehrveranstaltungen.
Studenten, die die Regelstudienzeit überschreiten, müssen nach dem Willen der Ministerpräsidenten Sanktionen in Kauf nehmen. Prüfungen dürfen nicht wiederholt werden; wer sich nicht rechtzeitig zur Prüfung meldet, gilt einmal als durchgefallen. In Berlin drohen den „Grauen Panthern“ Studiengebühren bis zu 600DM.
Statt wie bisher von einer Zweiteilung des Universitätsstudiums, ist jetzt in den bildungspolitischen Vorstellungen der Länderchefs von einer Dreigliederung die Rede: Einer „theoriebezogenen, berufsqualifizierenden“ Phase folgt eine zweite Phase, die der „Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ dient; danach sollen Hochschulabsolventen und Leute aus der Praxis durch „Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung“ immer wieder an die Unis zurückkehren. Damit will man dem beschleunigten Wissensumschlag gerecht werden.
Schleierhaft ist den Regierungschefs offenbar, wie sie die berufliche Bildung gegenüber der universitären im Ansehen verbessern können. Sie stünden noch „am Anfang“, bekunden sie freimütig und verweisen auf die mangelnden Karrierechancen von Azubis. Der Anteil Jugendlicher ohne Ausbildungsabschluß müsse verringert werden. Der seit knapp zwei Jahren angekündigte Bildungsgipfel hat sich indes zu einer Kabinettsrunde beim Kanzler gemausert. Zu vier seiner Minister hat sich der Kanzler für kommenden Donnerstag Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und 25 handverlesene „Persönlichkeiten“ hinzubestellt – außerdem drei Studenten. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit will Kohl mit ihnen diskutieren. Erstes Thema wird dabei sein: Was können Bildung und Forschung zur Sicherung des Standortes Deutschland leisten? Christian Füller
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