Wand und Dach im Schafpelz

■ Seit Mineralfasern als krebserregend gelten, stehen Alternativen aus Wolle, Kork, Zellulose und Co. hoch im Kurs / Immer noch viele Informationsdefizite

Als sich im September die zuständigen Behörden endlich entschlossen, Mineralfasern – mit einem Marktanteil von 60 Prozent der beliebteste Massendämmstoff – als krebserregend einzustufen, brach über die Hersteller von alternativen Dämmaterialien eine Flut von Anfragen herein. Denn wie eine aktuelle Untersuchung der Verbraucherzentrale Niedersachsen belegt, ist es fast unmöglich, in normalen Baumärkten über Wolle, Kork, Zellulose oder Holzweichfaserplatten Informationen zu bekommen.

Dabei sind diese alternativen Dämmstoffe nicht nur gesünder, sie haben auch viele bautechnische Vorzüge. So ist es mit den Alternativen beispielsweise möglich, den ganzen Zwischenraum zwischen den Dachsparren mit Dämmstoff auszustopfen, weil sie Feuchtigkeit besser ableiten können und keine Hinterlüftung brauchen. Außerdem bietet der bei den Alternativen bevorzugte Dachaufbau auch eine größere konstruktive Sicherheit. Hier wird statt mit Folien mit Schalungen aus Holzfaserplatten gearbeitet. Die sind weniger empfindlich, wenn zum Beispiel ein Dachziegel darauf fällt und bieten einen besseren Schutz gegen Zugluft.

Zur Dachdämmung zwischen den Sparren – dem dämmtechnischen Normalfall – eignen sich am besten weiche, flexible Materialien. Besonders beliebt bei den Kunden ist Schafwolle, die mit unbedenklichem Borax gegen Schädlinge imprägniert wurde. Technische Vorteile, vor allem auch im Brandfall, haben Zelluloseprodukte, die aus alten Zeitungen hergestellt werden. Die Papierflocken, gleichfalls mit Boraten behandelt, werden mit Druck eingeblasen, bilden ein festes Vlies, das sich jedem Hohlraum anpaßt.

Auf den Sparren bietet sich eine Dämmung mit Holzweichfaserplatten an, die aus zerkleinertem Schwachholz hergestellt werden. Diese Faserplatten werden in mehreren Schichten übereinander auf die Dachsparren genagelt, darüber kommen dann die Dachziegel. Die Platten sollten mit holzeigenen Harzen verklebt sein, nur die äußerste Schicht darf mit Bitumen wasserfest gemacht werden, um auf diese Weise schädliche Dämpfe zu vermeiden.

Holzweichfaserplatten eignen sich auch sehr gut zur Trittschalldämmung im Haus und zur Dämmung von Trennwänden. Bei Holzhäusern kann man Zellulose oder Wolle für die Außenwände nehmen, für Steinhäuser gibt es andere Alternativen. So bieten sich für die Kerndämmung eines mehrschaligen Mauerwerks Korkschrot oder Perlite an, die aus expandiertem Vulkangestein gewonnen werden. Zur Fassadendämmung eignen sich Korkplatten oder Schilfmatten.

Die Jagd auf die Chemiemultis ist also eröffnet. Thomas Schmitz-Günther