Aus dem Knast nach Hamburg entlassen

■ Greenpeace-Chef Tilo Bode wieder aus Kanada zurück in Hamburg

Der Hamburger Chef von Greenpeace Deutschland, Tilo Bode, ist wieder frei. Gestern nachmittag traf er auf dem Hamburger Flughafen ein, nachdem ihn die kanadischen Sicherheitsbehörden am Samstag gegen eine Kaution von 2500 kanadischen Dollar auf freien Fuß gesetzt hatten. Bode war während einer Aktion gegen den Kahlschlag der kanadischen Urwälder verhaftet worden, weil er „den Frieden in der Provinz British Columbia empfindlich gestört“ haben soll.

Der Greenpeace-Chef war am vorigen Wochenende nach Nordamerika gereist, um an einer internationalen Protestaktion gegen das Abholzen der kanadischen Urwälder in der Provinz British Columbia teilzunehmen. Die Umweltschützer laufen seit Jahren gegen den Plan des Holzkonzerns MacMillian Bloedel Sturm, das Regenwaldgebiet am Clayoquor Sound – eine Region von der Größe des Saarlandes – zur Papiergewinnung abzuholzen. Bode wollte durch seine Teilnahme ein Zeichen setzen, da ein Großteil des durch den Kahlschlag gewonnenen Holzes in Deutschland für die Zeitschriftenpapiergewinnung genutzt wird. Deutschland hat den größten Pro-Kopf-Verbrauch an Zeitungs- und Zeitschriftenpapier der westlichen Nationen und zählt zu den Hauptabnehmerländern an Zellstoff und Forstprodukten der kanadischen Holzindustrie.

Als die Umweltschützer am Dienstag auf einer Brücke, die ins Regenwaldgebiet führt, Position bezogen und sich anketteten, machte die Polizei kurzen Prozeß. Mit Bolzenschneidern wurden die Ketten durchtrennt und die AktivistInnen in Gefangenentransporter gezerrt. Bode wurde unverzüglich dem Haftrichter in Nanaimo auf Vancouver-Island vorgeführt. Für den Termin flog die kanadische Justiz extra den Chefankläger der Provinz British Columbia ein, der bereits 45 Greenpeace-Aktivisten in den Knast gebracht hat.

Bode wurde dann in den Hochsicherheitstrakt der Provinzhauptstadt von Victoria verfrachtet, wo er vier Tage in strenger Isolations- und Einzelhaft saß. Kontakt zu Familienangehörigen und anderen Greenpeacern war strikt untersagt. Die wenigen Stunden Umschluß (Gemeinschaftszeit) mußte er zusammen mit Schwerstkriminellen und Mördern verbringen. Zu Vernehmungsterminen führte die Justiz Bode in Handschellen vor. Hamburgs Greenpeace-Sprecher Fouad Hamdan: „Besonders bedrohlich war, daß Tilo Bode zum Teil seine Freizeit mit schwerstkriminellen Holzfällern verbringen mußte.“

Am kommenden Mittwoch wird nun ein Gericht in Vancouver entscheiden, wann Tilo Bode wieder nach Kanada reisen muß, um vor den Kadi gestellt zu werden. Ihm drohen – wie schon anderen Greenpeace-Aktivisten – 90 Tage Haft. Das ist das gängige Maß für die kanadische Justiz, wenn Sand ins Getriebe der heimischen Holzindustrie gestreut wird. Kai von Appen