"Patriotische Aufgabe"

■ Bausenator legt acht Bebauungspläne für Bundesbauten im Spreebogen vor / Beginn des Umzugs für 1995 gefordert

Einmal mehr sieht sich Bausenator Wolfgang Nagel in der Rolle des letzten Kämpen für die fristgerechte Durchsetzung des Umzugsbeschlusses. Der für 1998 verabredete Ortswechsel von Parlament und Regierung an die Spree, sagte Nagel gestern bei der Vorstellung von acht Bebauungsplänen für Bauten im Bereich des Spreebogens, müsse zügig voranschreiten. Der Umzug sei „eine patriotische Aufgabe“. Anstatt den Zeitplan mit „Intensität“ einzuhalten, erwecke die aktuelle Diskussion den Eindruck, die einmal getroffene Entscheidung sollte in Frage gestellt werden. Das sei „deprimierend, unerträglich und gelinde gesagt zum Kotzen“, polterte der SPD-Senator.

Im Unterschied zu den Umzugsgegnern erfülle Berlin seine planerischen Hausaufgaben, so Nagel. Mit den präsentierten Bebauungsplanverfahren im Bereich des Spreebogens und der Ministergärten schaffe die Stadt die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bauvorhaben von Regierung und Parlament. An sie könnten sich ab 1995 die einzelnen Bauwettbewerbe anschließen.

Die acht Bebauungspläne sehen für die Erweiterung des Bundespräsidialamtes eine Fläche südlich des Schlosses Bellevue vor. Bereits im kommenden Jahr wird dazu ein Wettbewerb ausgelobt werden. Auf dem Standort der früheren Ministergärten ist geplant, im nördlichen Bereich das Holocaust- Mahnmal anzulegen. Der südliche Teil des Geländes soll den Vertretungen der Bundesländer Raum geben, die bestehende Wohnsiedlung vervollständigt werden. Diese Planung werde von den Mietern mit Sorge betrachtet, sagte ein Anwohner zur taz. In dem zum „Anpassungsgebiet“ erklärten Areal können Baumaßnahmen durchgeführt werden, ohne daß die Interessen der Anwohner in der üblichen Weise berücksichtigt würden.

Die provisorische Behrenstraße wird nach den Angaben des B-Plans planungsrechtlich gesichert und soll den Ost-West-Verkehr zwischen altem Zentrum und Regierungsviertel aufnehmen. „Für die Behrenstraße“, ergänzte Engelbert Lütke-Daldrup, Hauptstadtreferent in der Senatsbauverwaltung, „ist eine Verbreiterung auf vier Fahrspuren vorgesehen.“ Über den in historischer Form wiederherzustellenden Pariser Platz werden demnach keine weiteren Straßen geführt.

Die B-Pläne für die Bundesbauten im „Inneren Spreebogen“ wurden bereits am 1. Oktober gefaßt, erinnerte Nagel. Für das Kanzleramt, die Bauten nördlich des Reichstages und das Bundespresseamt beginnen nun die vorgezogene Bürgerbeteiligungen. Die Verfahren einschließlich der Bauwettbewerbe könnten 1994 abgeschlossen, die Baugruben 1995 ausgehoben werden. Konfliktstoff in den B-Plänen sieht Nagel für die Bereiche Moabiter Werder und Lehrter Bahnhof. Die Planung des Bahnhofs mache ein gesondertes Verfahren notwendig, so Nagel. Und auf dem Moabiter Werder durchkreuzten noch die Schultes- Planungen die beabsichtigte Freihaltung des Ufers. Nagel betonte, daß die Voraussetzungen für einen „Umzug der Bescheidenheit“ bereits heute „optimal“ seien. Ab 1995 könnten zahlreiche Ministerien, darunter das Innen-, das Wirtschafts- und das Bauministerium, in vorhandene Altbauten übersiedeln. Rolf Lautenschläger