Ermordete Sinti und Roma bleiben vergessen

■ Holocaust-Mahnmal wird gebaut, doch von einem Denkmal für ermordete Roma und Sinti ist offiziell nicht mehr die Rede

Jahrzehnte danach ist es endlich entschieden: Das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ wird kommen – auf einem etwa 2.000 Quadratmeter großen Gelände der ehemaligen Ministergärten südlich des Brandenburger Tors. Das Gelände gehört dem Bund. Seit Oktober laufen die Vorbereitungen für die Auslobung eines „offenen Wettbewerbs mit internationaler Zuladung“, im Frühjahr soll er ausgeschrieben werden.

Aus der aktuellen Diskussion heraus sind dagegen die Planungen für die Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Roma und Sinti. Nachdem im vergangenen Jahr Kultursenator Ulrich Roloff- Momin sich mit seinem Junctim – ein Denkmal für die Juden nur, wenn zur gleichen Zeit an einem gleich wichtigen Ort der Roma gedacht werden kann – nicht hatte durchsetzen können, gibt es außer einer unverbindlichen Absichtserklärung des Senats nichts Konkretes. „Unser Auftrag lautet nur, das jüdische Denkmal auszuschreiben“, sagte Frau Nottmeyer, Referatsleiterin von der zuständigen Bauverwaltung, und bestätigt wird dies von Mitarbeitern des Gedenkstättenreferats im Bundesinnenministerium.

Eine Tatsache, die Romani Rose vom Zentralverband der Roma und Sinti nicht wahrhaben will, und ein Irrtum, der von niemandem zurechtgerückt wird. Verzweifelt versucht er mit einer Flut von Presseerklärungen den Eindruck zu erwecken, die Bundesregierung habe am 27. Juli entschieden, daß in den Ministergärten nicht nur das Mahnmal für die Juden, sondern auch ein Holocaust-Denkmal für die Roma und Sinti gebaut werde.

Und als Kronzeugen bemüht Rose ständig den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, der sich Anfang Oktober damit einverstanden erklärt haben soll, daß die beiden Mahnmale in „gestalterischer Verbindung und räumlicher Nähe“ zueinander aufgestellt werden sollen. „Beide Vorsitzenden sind sich einig“, so heißt es in einem Memorandum, das heute in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, daß „staatliche Gesten der nationalen oder internationalen Trauer... durch einen gemeinsamen Akt gleichzeitig den ermordeten Sinti und Roma ebenso wie den ermordeten Juden zuteil werden“ muß.

Beide Behauptungen sind falsch. Der bei dem Gespräch – Romani Rose und Bundesregierung – anwesende Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums, Gert Tautmann, erklärte auf Nachfragen der taz, daß von einer „Entscheidung“ nicht die Rede sein könne. Herrn Rose sei am 27. Juli lediglich empfohlen worden, sich mit Herrn Bubis über eine Denkmalskonzeption ins Benehmen zu setzen, dann könne man weitersehen. Und Ignatz Bubis erklärte diese Woche der taz: „Wir haben uns im Oktober mitnichten auf eine gestalterische Verbindung geeinigt.“ Denkbar sei lediglich eine „gärtnerische“ Verbindung, „eventuell die gleiche Art von Bäumen“, und auch diese Einzelfragen könne nicht er, sondern müßte die Jury entscheiden.

Im übrigen habe Rose ihm gegenüber mit falschen Karten gespielt, etwa mit der „unrichtigen“ Behauptung, daß die Bundesregierung dem Zentralrat der Roma definitiv versprochen habe, einen Teil des Ministergartengeländes für ein Denkmal zur Verfügung zu stellen. „Das kann sie ja immer durch die Bereitstellung eines zweiten Geländes tun“, sagte Bubis, „gegen eine räumliche Nähe habe ich nichts. Die beiden Gebiete müßten dann aber durch eine Straße getrennt werden, damit man sehen kann, daß es zwei Denkmäler sind.“ Eine Verkleinerung des dem Förderkreis zugesagten Areals komme jedenfalls nicht in Frage, „denn wir wollen mehr als nur ein Mahnmal, wir wollen ein Museum“. Weil Romani Rose in den letzten Wochen nicht aufgehört habe, „falsche Behauptungen über eine angebliche Einigung in die Welt zu setzen“, habe der Zentralrat der Juden am 24. Oktober beschlossen, sich mit Herrn Rose überhaupt nicht mehr zu treffen. Anita Kugler