Die "deutsche Sicht"

■ Der Holocaust-Leugner Ernst Zündel macht Fernsehen

„Guten Abend. Mein Name ist Ernst Zündel, und ich komme zu Ihnen aus Toronto, Kanada. Wir wollen Ihnen Politik, Geschichte, Wissenschaft und Kultur aus deutscher Sicht nahebringen!“ Mit diesen Worten beginnt der in Kanada lebende rechtsextreme deutschstämmige Verleger Ernst Zündel seine erste „revisionistische“ Fernsehsendung für Nordamerika. „Voice of Freedom“ heißt das englischsprachige Satelliten-TV, das seit Anfang Juni ausgestrahlt wird. Gesendet wird jeden Sonntagmorgen, -mittag und -abend, allerdings nur für Nordamerika.

Die „deutsche Sicht“ seiner Sendungen besteht in der Leugnung des Holocausts und der Forderung nach Rückgewinnung deutscher Ostgebiete. Die angebliche Unterdrückung deutscher Minderheiten in früheren Ostblock-Staaten nimmt in Ernst Zündels Propaganda ebenfalls breiten Raum ein. Der 54jährige Zündel verbreitet seine „revisionistische“ Propaganda auch via Kurzwelle (die taz berichtete) sowie über Videos, Tonbänder und diverse Broschüren.

Die Sendezeit für sein englischsprachiges Fernsehprogramm hatte Zündel zunächst beim kommerziellen amerikanischen Satellitenprogramm-Anbieter Teleport Denver Ltd. in Englewood (Colorado) gekauft. Ausgestrahlt wurde das „erste revisionistische Fernsehen“ jeden Sonntag über den Satelliten Galaxy 3, Transponder 22 im Programm „Showcase America“. Der Vertrag galt zunächst für ein Jahr, jede Austrahlung kostete 2.900 Dollar. Später wurde Zündel wegen öffentlichen Drucks der Vertrag gekündigt – er mußte die Satellitenfirma und den Transponder wechseln, dennoch sendet er weiter.

Im Vorspann des „Voice-of- Freedom“-Satellitenprogramms, das in Toronto produziert wird, erscheint ein Bild des Hermanns- Denkmals. Dann tritt Ernst Zündel selbst als Moderator auf. Gerngesehener Studiogast ist der pro- nationalsozialistische Historiker David Irving, der die Gaskammern in Auschwitz als „Attrappen der Alliierten“ bezeichnet und den Holocaust leugnet. Die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges verherrlichend, stellt Zündel auch Kriegsberichtsromane und Kriegscomics vor. Mit dem Hinweis auf nachfolgende Interview-Partner, beispielsweise den Altnazi und Holocaust-Leugner Otto Ernst Remer („alliierte Lügenfabrik“) eröffnet Zündel seine Geschichtsstunde für Unverbesserliche. Themen sind unter anderem: Warum griff Hitler die Sowjetunion im Sommer 1940 an? Auch die Geschichte des Hitler-Architekten Manfred Giesler oder die „wahre Story“ des Rudolf Heß gehören dazu.

In der Sendung vom 25. Juli zeigte Zündel Aufnahmen von sich selbst im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz – neben ihm ein junger Mann, den er als David Cole vorstellt, angeblich ein Jude aus den USA. Nach einer Besichtigung der ehemaligen Gaskammern erklärte Cole vor laufender Kamera, die entsprechenden Gebäude seien in Auschwitz erst nach der Befreiung aufgebaut worden, um sie wie Gaskammern aussehen zu lassen.

Der Jewish Canadian Congress reagierte mit Empörung auf diese Sendung und versuchte per Strafanzeige einen Stopp des in den USA eingespeisten Satellitenprogramms zu erwirken. Begründung: Zündel falle als Produzent und Moderator unter die kanadische Gerichtsbarkeit – und in Kanada sei die Verbreitung von falschen Informationen verboten.

Doch trotz Strafanzeige und Hausdurchsuchungen bei Zündel konnte der Jewish Canadian Congress Zündels Programme nicht stoppen. Deshalb wandte man sich an das US-Parlament in Washington, und dieses wandte sich wiederum direkt an die Medienaufsichtsbehörde Federal Communications Commission (FCC). Doch die FCC berief sich auf das geltende Medienrecht, das eine Zensur verbiete – einzige Ausnahme: Pornographie. Erst aufgrund des politischen Drucks der Öffentlichkeit gab der Satellitenprogramm- Anbieter Teleport Denver Ltd. nach und erklärte den Jahresvertrag mit Zündel für null und nichtig. Seine Sendungen werden nicht mehr eingespeist. Jetzt droht Zündel mit einer Klage und strahlt sein Programm über die „Keystone-Inspirational“-Frequenz auf demselben Satelliten (Galaxy 3, Transponder 11) aus.

Die Transponderwechsel seines Satelliten-TV und die Absetzung seiner deutschsprachigen Radiosendung bei dem amerikanischen Kurzwellensender WWCR Mitte September scheinen Zündel kaum beeindruckt zu haben. Durch Medien-Broker gelingt es ihm immer wieder, neue Sendezeit für seine rechtsradikalen Programme zu kaufen, weitere Satelliten-TV- Programme und Kurzwellen-Hörfunksendungen sind geplant. Ein deutschsprachiges TV-Satellitenprogramm für Europa soll schon bald in Betrieb genommen werden, ein Kurzwellen-Radioprogramm aus Afrika hat Zündel vor eineinhalb Wochen gestartet. Für die USA setzt er jetzt auf die Mittelwelle – Grund: Er will nun auch die nordamerikanischen Autofahrer erreichen. Erbil Kurt