Im Notfall kommt es auf jede Minute an

Feuerwehr fordert mehr Busspuren / Ein Kombistreifen für Lösch- und Rettungswagen ist oft der einzige Weg aus dem Verkehrsstau / Dezentrale Wachstationen sollen Anfahrtswege verkürzen  ■ Von Thomas Knauf

Feuerwehr-Sprecher Klaus Ziegler hat sogar in gewisser Weise „Verständnis für die Autofahrer“. Wenn zum Beispiel wie sooft auf der Rudolf-Wissell-Brücke drei Laster dicht bei dicht nebeneinanderstünden, sei es den Autofahrern unmöglich, für Retter die befreiende Gasse zu bilden. Immer häufiger bleiben Rettungswagen und Löschfahrzeuge im Verkehr stecken, bestätigte der Sprecher. Besonders schlimm ist die Situation innerhalb des S-Bahn-Rings. Statt wie gewünscht in sechs, allerspätestens acht Minuten am Einsatzort zu sein, brauchen Löschfahrzeuge mittlerweile bis zu 14 Minuten für die Anfahrt zur Einsatzstelle. Ziegler: „Manchmal müssen Fahrzeugführer über Funk darum bitten, die Einsatzstelle von anderer Seite erneut zu beschicken, weil sie hoffnungslos im Stau eingekeilt sind.“ Dabei kommt es im Notfall auf jede Minute an.

Ein probates Mittel zur Beschleunigung der Rettungssanitäter und Brandschützer wäre die zügige Einrichtung weiterer Kombispuren für Busse, Taxen, Fahrradfahrer und last not least den Rettungsverkehr, meinen vor diesem Hintergrund viele Feuerwehrleute. Daß die kombinierten Busspuren den Rettungsverkehr erheblich beschleunigten, werde in der Debatte oftmals nicht berücksichtigt, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft ÖTV, Uwe Scharf. Im Interesse der Feuerwehrleute fordert der Gewerkschafter vom Senat in einem ersten Schritt die Erweiterung des bestehenden Busspurnetzes auf 200 Kilometer.

Wieviel Zeit die Feuerwehrautos bei Benutzung der sogenannten Sonderfahrstreifen gewinnen, haben die Statistiker der Feuerwehr zwar nicht ausgerechnet. Jedoch weist der Leiter der Einsatzabteilung, Klaus Birth, auf einen zusätzlichen Vorteil der Beschleunigungsspuren hin: Gemäß der Straßenverkehrsordnung können die Spuren auch ohne Sirenen bei der Rückfahrt von Einsatzstellen zu den Standorten benutzt werden. Dadurch verfüge die Feuerwehr in den Ausrückbereichen wieder schneller über die Fahrzeuge und spare nebenbei Personal.

Die Verkehrsverwaltung setzt bislang vornehmlich auf die Umrüstung von Ampeln. Wie dies beispielsweise schon am Klinikum Steglitz, dem Neuköllner Krankenhaus und den Charlottenburger Feuerwachen Suarezstraße oder Nikolaus-Groß-Weg geschah, sollen die im Umfeld der Standortwachen und Krankenhäuser gelegenen Ampelanlagen nach und nach so umgerüstet werden, daß sich Einsatzfahrzeuge selbständig „Grün“ anfordern können. Dabei spielt der mögliche Zeitgewinn aber nur eine Rolle. Man will die Anwohner besonders nachts vor dem durchdringenden Lärm der Sirenen schützen. Für die Rettungswagen bringt die Ampelumrüstung freilich wenig, wenn sie kurz hinter der nächsten Kreuzung doch wieder im Autostau stecken. Andererseits nützen auch Busspuren kaum etwas, sofern es an deren Enden keine Ein- und Ausfädelungsmöglichkeiten gibt, heißt es bei der Feuerwehr.

Angesichts der weiter hochkletternden Zahl der Einsätze im Rettungsdienst, zur technischen Hilfeleistung und bei der Brandbekämpfung und der weiter zunehmenden Verkehrslawine werden künftig allerdings auch die besten Busspuren alleine nicht ausreichen, um die Retter schnell genug vor Ort zu bringen. Seit April des Jahres brüten die Feuerwehr-Planer über Computer-Programmen, mit deren Hilfe sie die Anfahrtwege bei Notfällen verkürzen wollen. Wie der Leiter der entsprechenden Projektgruppe „Feuerwehr-Entwicklungsplanung“, Branddirektor Lutz Strauß, erläuterte, wird überlegt, ob es Sinn macht, zu diesem Zweck die 35 zentralen Berufsfeuerwachen in den Bezirken nach New Yorker Vorbild zugunsten von kleineren Stützpunkten näher an den Einsatzorten zu ersetzen.