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Neue Bosnien-Runde

■ Am Montag sollen sich die Kriegsparteien endlich einigen / Am Teilungsplan wurde nur wenig verändert

Genf (taz) – „Klaus Kinkel wird am nächsten Montag in Genf die Entsendung von 100 deutschen Totengräbern nach Sarajevo ankündigen – als humanitären Beitrag der Bonner Regierung.“ Im Genfer UNO-Palast überwog gestern morgen zunächst Sarkasmus die Erwartungen an die neue Jugoslawienkonferenz, die die zwölf Außenminister der Europäischen Union (EU) dieser Tage bei ihrem Luxemburger Treffen initiiert hatten. Doch im Laufe des gestrigen Tages wichen diese negativen Vorahnungen zumindest bei einigen Beobachtern vorsichtig optimistischeren Einschätzungen, zumal offiziell mitgeteilt wurde, daß zu der Konferenz nicht nur die Führer der drei bosnischen Kriegsparteien nebst ihren militärischen Kommandeuren eingeladen wurden, sondern auch die Präsidenten Serbiens und Kroatiens.

Ziel der Veranstaltung sind nicht nur verbindliche Absprachen und Garantien für die Durchführung humanitärer Hilfslieferungen in Bosnien. Angestrebt wird die Unterschrift von Bosniens Präsident Alija Izetbegović, Serbenführer Radovan Karadžić und des westherzegowinischen Kroatenchefs Mate Boban unter eine leicht revidierte Fassung des Dreiteilungsplans von EG und UNO für Bosnien-Herzegowina, den Izetbegović und das Parlamant in Sarajevo im September noch abgelehnt hatten. Die Revisionen: Die bosnischen Muslime erhalten drei bis vier Prozent mehr Land in derzeit von serbischen Truppen besetzten Regionen Ost- und Nordwestbosniens. Und dafür, daß er Bosnien dem Serbenführer Karadžić zum Verzicht auf diese drei bis vier Prozent bewegt, bekommt Serbiens Präsident Milošević schwarz auf weiß die Zusage, daß die Wirtschaftssanktionen gegen sein Land vorläufig teilweise suspendiert werden.

In einer ersten Reaktion signalisierte Karadžić „bedingte Zustimmung“ zu dem Deal, der den bosnischen Serben von den derzeit von ihren besetzten 72 Prozent des bosnischen Territoriums statt wie bisher vorgesehen 52 immer noch mindestens 48 Prozent belassen würden. Milošević, so hieß es gestern in serbischen Kreisen in Genf, könne ein derartiges „Friedensabkommen“ inklusive Aufweichung der Sanktionen vor den serbischen Parlamentswahlen am 19. Dezember gut gebrauchen.

Eher bezweifelt wurde dagegen, daß der serbische Präsident auch noch „Ja“ sagt, wenn EU und UNO neben Gebietskonzessionen an die Muslime in Bosnien auch eine einvernehmliche Regelung in der Krajina und den anderen von serbischen Truppen besetzten Gebiete Kroatiens zur Voraussetzung für die Suspendierung der UN- Sanktionen macht. Mit der nebulösen Formulierung, hier müsse ein Modus vivendi gefunden werden, haben sich die EU-Außenminister an diesem Punkt noch nicht festgelegt.

Eine wie auch immer geartete und begründete Aufweichung der Sanktionen gegen Restjugoslawien müßte vom UNO-Sicherheitsrat gebilligt werden. Die Zustimmung der vier ständigen Sicherheitsratsmitglieder Rußland, China, Frankreich und Großbritannien sowie einer ausreichenden Zahl der nicht-ständigen Mitglieder gilt als sicher. Denn sie alle hoffen, das leidige Kapitel Jugoslawien endlich abschließen zu können. Trotz bislang eher skeptischer Reaktionen aus Washington wird in Genfer Diplomatenkreisen auch nicht mehr mit ernsthaftem Widerstand der USA gegen ein Geschäft „Land gegen Sanktionsaufweichung“ gerechnet.

Mit dem Scheitern jeder Konferenz, die eine politische Vereinbarung zum Ziel hätte, rechnete bis vor wenigen Tagen auch EU-Vermittler David Owen. Noch am letzten Freitag lehnte er ein derartiges Treffen in diesem Jahr angesichts der Situation auf den diversen bosnischen Schlachtfeldern als „völlig nutzlos und verfrüht“ ab. Bei der Luxemburger EU-Außenministertagung drei Tage später befand sich Owen dann nach Auskunft seines Sprechers John Mills „in vollem Konsens“ mit seinen zwölf Auftraggebern.

Was den Meinungsumschwung bewirkt haben könnte, blieb gestern in Genf ein Rätsel. Deutlich wurde allerdings, daß zwischen dem Vermittler und den Außenministern (vielleicht mit Ausnahme des Briten Hurd) weiterhin ein starker Dissens besteht. Den von den Ministern gutgeheißenen Einsatz von UNO-Soldaten zum Schutz von Hilfskonvois gegen „marodierende Banden“ lehnt Owen weiterhin entschieden ab. Andreas Zumach

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