Rot-Grau hüpft ins Finanzloch

■ Kooperationscombos von SPD und Statt-Partei einigen sich auf Sparkommission / Wird Curilla als Finanzsenator abgelöst?     Von Uli Exner

Hamburgs neues Traumpaar war ausgesprochen guter Laune. „Wir verkaufen es, wir verkaufen Hamburg an Bremen“, flachsten Henning Voscherau und Markus Wegner gestern mittag in Anlehnung an einen Spruch des Malers Horst Janssen. Dabei war den meisten Mitgliedern der Verhandlungskommissionen von SPD und Statt Partei bei der vorhergehenden zweiten Verhandlungsrunde gar nicht so recht zum Lachen zumute gewesen.

Kein Wunder, schließlich ging es um die Finanzpolitik, um „harte und schmerzhafte Spareingriffe“ (O-Ton Voscherau), die in den kommenden vier Jahren auf Hamburg zukommen. Wen diese Eingriffe treffen sollen, darüber unterhielt man sich gestern vorsichtshalber noch nicht. Man blieb beim kleinsten gemeinsamen Nenner, nämlich daß überhaupt gespart werden müsse. An welcher Stelle , das soll - so die kooperationsvertragsfähige Einigungsformel - eine gemeinsame Sparkommission im ersten Halbjahr 1994 überprüfen.

Wegners zwölfköpfige Verhandlungscombo war am Vormittag zunächst mit der Forderung nach sofortiger Einsparung von 100 Millionen Mark bei den sogenannten Sach- und Fachausgaben vorgeprescht. Ein Ansinnen, das bei den meisten Verhandlungsteilnehmern der SPD nur sofortiges Kopfschütteln auslöste. Derartige Summen in diesem Bereich einzusparen, so ein Sozialdemokrat, hieße zu solch „populären“ Maßnahmen zu greifen wie „Heizungen in den Schulen witterungsunabhängig abzustellen“. Keine Einigung möglich.

Statt dessen schnürten Voscherau und Wegner die Arbeitsgruppenlösung, die der Stadt zunächst einmal mehr eine neue Voscherau-Vokabel bescheren wird. Die rot-graue Kommission möge sich über eine „Konsolidierungsdynamik“ Gedanken machen, erklärte der Bürgermeister in gewohnt abstrakter Manier.

Eine Dynamik, die fix erzeugt werden müßte. Schließlich, das gab Voscherau gestern öffentlich preis, fehlen nach der neuesten Steuerschätzung im nächsten Jahr 633 Millionen Mark zusätzlich in der Stadtkasse. Das zu erwartende Defizit summiert sich damit auf rund eine Milliarde Mark allein 1994. Dazu kommen 150 Millionen, die wohl schon 1993 fehlen werden. Wie letztere eingespart werden sollen, darüber werden SPD und Statt-Partei am Feitag erneut verhandeln. Die Einsparungen für 1994 und folgende sollen dann in der Spar-AG ausgetüftelt werden.

Fraglich ist inzwischen, ob Finanzsenator Wolfgang Curilla noch an dieser Arbeitsgruppe teilnehmen darf. In der SPD mehren sich derzeit Stimmen, die das dienstälteste Senatsmitglied nicht mehr an der für Mitte Dezember vorgesehenen rot-grauen Regierungsbildung beteiligen wollen. Führende Sozialdemokraten, bestärkt durch massive Curilla-Kritik aus dem Landesrechnungshof, halten den Hamburger Kassenwart schlicht für nicht geeignet, politisch tragfähige Sparkonzepte auszuarbeiten.