EG-Umweltzeichen ohne „Nachhaltigkeit“

■ EG-Ecolabel bringt niedrigere Umweltstandards für Deutschland / Lasche Kriterien für Papierprodukte

Berlin (taz) – Nach Wasch- und Geschirrspülmaschinen sind Toilettenpapier und Küchenrollen die nächsten Produktgruppen, für die ab nächstem Frühling das neugeschaffene EG-Umweltzeichen beantragt werden kann. Der Entwurf für die Umweltkriterien zeigt, daß das EG-Ecolabel für Deutschland niedrigere Umweltstandards bringt.

Ursprünglich war vorgesehen, neben dem umweltverträglichen Rohstoff Altpapier nur frischen Zellstoff zuzulassen, der aus „nachhaltiger Forstwirtschaft“ stammt. Dazu wäre ein Bewirtschaftungsplan vorgeschrieben gewesen, der unter anderem die fachgerechte Pflege und einen abwechslungsreichen und somit ökologisch stabilen Wald umfaßte. Diese Klausel wurde jetzt „vorläufig gestrichen“, wie Rainer Butzkamm vom Umweltbundesamt (UBA) erklärt. Die Mehrheit der nationalen Forstbehörden wolle sich allerhöchstens auf die allgemeine Erklärung der Waldschutzkonferenz vom 16. Juni 1993 in Helsinki festlegen lassen. Damals wurde beschlossen, die auf der UN-Umweltkonferenz erarbeiteten Prinzipien und die zum Waldschutz verabschiedeten Empfehlungen der Agenda 21 umzusetzen. Auch wenn der ursprünglich vorgesehene nachhaltige Waldbau schwer zu kontrollieren wäre, „bloße Wunsch- und Willensbekundungen bringen wenig“, kommentiert Butzkamm.

Auch bei in anderen Kriterien für umweltverträgliche Papierherstellung mußte Deutschland klein beigeben. So wurden keine der vom UBA gestellten Mindestanforderungen zu Abfall, organischen Abfallstoffen und vor allem zu den chlorierten organischen Stoffen im Abwasser aufgenommen. Statt maximal einem dürfen nun pro Tonne Frischzellstoff zwei Kilogramm der giftigen Chemikalien ins Wasser geleitet werden.

„Völlig untragbar“ ist dieser Grenzwert für Christoph Thies, Leiter der Papierkampagne bei Greenpeace. Wenn überhaupt Produkte aus Frischzellstoff in Frage kämen, so ausschließlich solche aus total chlorfreier Produktion. Denn nur bei einem vollständigen Verzicht auf die Chlorbleiche könne der Ausstoß von gewässerbelastenden chlororganischen Chemikalien unterbunden werden. Und wird die nachhaltige Nutzung tatsächlich gestrichen, „ist das ein Riesenskandal, in diesem Augenblick wird das Ecolabel wertlos“, kritisiert Thies. Denn der größte Umweltmakel in der Papierproduktion liege beim Holzanbau.

Angesichts dieser laschen Ecolabel-Kriterien fordert UBA-Vertreter Butzkamm, auch in Zukunft nicht auf das deutsche Umweltzeichen für Papierprodukte zu verzichten. Dies um so weniger, als das deutsche Label nur an Artikel verliehen wird, die aus hundert Prozent Altpapier hergestellt wurden. „Das ist auch die Crux am EG-Umweltzeichen“, meint Butzkamm. Auch Hersteller weißer, altpapierfreier Papiere könnten ihre Produkte mit der europäischen Umweltblume schmücken.

Ein Ecolabel für Hygieneprodukte aus Frischzellstoff ist aber generell fragwürdig. Denn als Einwegprodukte sind sie besonders für die Verwertung von Altpapier geeignet. Altpapier, das sich immer mehr türmt: Eine Studie der Gesellschaft für Papier-Recycling der deutschen Papierhersteller kommt zum Schluß, daß bis zum Jahre 2000 zwischen einer und zwei Millionen Tonnen Altpapier pro Jahr auf Halde liegen werden – weil entsprechende Verwertungskanäle fehlen. Pieter Poldervaart