Brasilien schuldet um

■ Vertrag mit privaten Gläubigern abgeschlossen / Hoffnung auf IWF

Rio de Janeiro (taz) – Zehn Jahre nach der ersten Refinanzierung der Auslandsschulden hat Brasiliens Finanzminister Fernando Henrique Cardoso gestern in Kanada einen Umschuldungsvertrag mit Brasiliens privaten Gläubigern unterzeichnet. Durch die Vereinbarung sinken Brasiliens Verpflichtungen gegenüber den Privatbanken von bisher 35 auf 30,7 Milliarden Dollar.

Die Bankiers erklärten sich damit einverstanden, auch ohne gleichzeitige Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) dem Umschuldungsabkommen zuzustimmen. Wirtschaftsminister Cardoso hofft jetzt, auch mit dem Währungsfonds handelseinig zu werden. Denn Brasilien ist auf neue Kredite angewiesen, um das Abkommen mit den Privatbanken einhalten zu können. Am 15. April 1994 wird die erste Zahlungsrate in Höhe von 2,8 Milliarden Dollar fällig.

Brasiliens Auslandsschulden sind mittlerweile auf rund 134 Milliarden Dollar angeschwollen. Neben den bisher 35 Milliarden Dollar Verpflichtungen gegenüber den Privatbanken sowie 17 Milliarden Dollar Zinsrückständen steht Brasilien mit 82 Milliarden Dollar bei mehreren internationalen Organisationen wie Währungsfonds und Weltbank sowie bei verschiedenen anderen Regierungen in der Kreide.

Zwischen 1980 und 1990 überwies Brasilien 155 Milliarden Dollar Schuldzahlungen in den Norden. Trotz des massiven Kapitalexports steigerte sich der Schuldenberg des südamerikanischen Riesen von 62 Milliarden Dollar im Jahr 1980 auf 121 Milliarden Dollar im Jahre 1990.

Für Wirtschaftswissenschaftler Paulo Rabello de Castro von der Stiftung „Fundacao Getulio Vargas“ aus Rio handelt es sich bei dem in Toronto unterzeichneten Abkommen um einen „Vorvertrag“, weil seine Gültigkeit noch vom Währungsfonds abhängt. Astrid Prange