piwik no script img

Drobs zieht Erfolgsbilanz

■ Ziel: Junge Abhängige besser erreichen

Die Zahl der Drogenabhängigen steigt weiter, die Beschaffungskriminalität auch. Die Abhängigen werden immer agressiver und die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt. Trotz solcher Ausgangsbedingungen sei das Regionalisierungskonzept der Drogenberatungsstellen (Drobs) auf dem Weg zum Erfolg. Das erklärte gestern der Leiter des Amtes für Soziale Dienste, Dr. Herbert Wiedermann, bei der Vorstellung des Jahresberichtes 1992/93 der Drogenberatung Bremen.

Drogenberatungsstellen gibt es mittlerweise in der Neustadt, in Bremen-Nord, in Gröpelingen und in Bremen-Mitte. Im Osten wird noch nach einem geeigneten Ort gesucht. Unter Erfolg verstehen die staatlichen Drogenberater vor allem, daß sie in den verschiedenen Regionen relativ junge Abhängige erreichen und damit beratend eingreifen können, bevor sie in die offene Szene und damit in die Verelendung absacken. Damit werde die offene Szene im Viertel nicht abgebaut, sagte der für die Drogenhilfe zuständige Sachgebietsleiter Anton Bartling. Das sei mit dem Regionalisierungskonzept aber auch nicht bezweckt worden.

Erstmals haben die Drogenberatungsstellen im letzten Jahr statistische Angaben über die offene Drogenszene zu sammeln versucht. Zur offenen Szene gehören danach zwischen 300 und 400 Abhängige, etwa 160 wurden 1992, 130 in diesem jahr befragt. Auffällig sei, daß der Anteil der Nichtbremer an der offenen Szene verschwindend gering ist, erklärte Sabine Frieden- Palant. Von den 130 Befragten in 1993 waren nur vier Nichtbremer, 1992 waren gerade sieben nicht aus der Hansestadt. Über 85% der Abhängigen in der offenen Szene lebt länger als fünf Jahre in Bremen.

Auffällig ist ebenfalls, daß abhängige Frauen im Durchschnitt fünf Jahre jünger sind als Männer, die Hauptaltersgruppe bei männlichen Abhängigen der offenen Szene liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Rund die Hälfte der Befragten gab an, sich zur Drogenbeschaffung auf der Szene aufzuhalten, gut 40% gaben an, dort Freunde und Bekannte treffen zu wollen. „Damit bestätigt sich unsere Vermutung, daß normale soziale Kontakte in der Szene abgebrochen sind“, erklärte Frieden- Palant. Statistisch geraten Abhängige fünf bis sieben Jahre nach Beginn ihrer Drogensucht auf die offene Szene. „Wenn wir diese Befragungen weiterführen, können wir im nächsten Jahr auch Angaben darüber machen, wieviele aus der Szene herauskommen und wieviele nachwachsen“, sagte Frieden-Palant.

Die Behörde sucht derzeit auch óffiziell nach einem Nachfolgestandort für die Drobs in der Bauernstraße. „Wir müssen allerdings darauf achten, daß wir den Trend in Richtung Hauptbahnhof nicht zu groß machen“, erklärte Wiedermann.

Einzig gute Nachricht: Die Zahl der Drogentoten sinkt weiter. „Wahrscheinlich, weil der Stoff derzeit so schlecht ist und Hochdosierungen so gut wie nicht mehr vorkommen“, schätzt Bartling.

mad

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen