„Dagegen helfen keine Quoten“

■ Das Frauenbüro in Hannover zieht Bilanz in der Wirtschaftsflaute

Seit sieben Jahren leitet Ursula Müller das Frauenbüro der Stadt Hannover. Ihre Arbeit hatte Erfolge, droht mit der Rezession jetzt das Aus? Ein Gespräch mit der Chefin des Referats für Gleichstellungsfragen taz: Hat sich durch die Wirtschaftskrise die Situation in der Frauen in der Gesellschaft verändert ?Dr. Ursula Müller: Eine gute Konjunktur ist eine erfolgreiche Frauenförderung. Leider gilt zur Zeit auch der Umkehrschluß. In Hannover fehlt jetzt Geld für viele Frauenprojekte. In der Wirtschaft gibt es Entlassungen. Davon sind Frauen überdurchschnittlich betroffen, dagegen helfen auch keine Quoten. Der Staat reduziert die Ausgaben für Kindertagesstätten. Bei geringeren Öffnungszeiten ist für viele Frauen ihr Arbeitsplatz gefährdet.

Ist Gleichberechtigung also eine Schönwetterveranstaltung? Das Stichwort Frauenförderung ist mittlerweile so weit in die Köpfe eingedrungen, daß man das Thema nicht mehr ignorieren kann. Der 8. März 1994 ist als Frauenstreiktag ausgerufen. Da formiert sich eine Bewegung. Außerdem verursacht auch fehlende Gleichstellung Kosten. Im Familienbericht der Stadt Hannover wurde festgestellt, daß überdurchschnittlich viele Kinder von Armut betroffen sind, und natürlich deren Eltern. Vor allem sogenannte Eineltern-Familien fallen unter die Armutsgrenze. Hinter diesem Wortungetüm verbergen sich überwiegend alleinerziehende Frauen. Wenn für Kinderbetreuung gesorgt wäre, könnten viele dieser Mütter wieder arbeiten.

Rückt das Problem der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht angesichts rassistischer Übergriffe in unserer Gesellschaft in den Hintergrund? Man kann nicht ein Problem gegen ein anderes ausspielen. Ich kenne eine Reihe von Fällen, in denen Schülerinnen auch von ausländischen Mitschülern belästigt wurden. Die Kritik gegen solche Belästigungen wird dann oft von den Betreffenden in die ausländerfeindliche Ecke gestellt.Eine Bewegung gegen Rassismus darf nicht dazu führen, daß sich eine neue Form von Patriarchat und Sexismus etabliert. Deutsche neigen sehr schnell dazu, Frauenunterdrückung in anderen Kulturen kritiklos hinzunehmen. Die Sicht der betroffenen Frauen kommt dabei zu kurz. Ich halte auch den Koran nicht grunsätzlich für frauenfeindlich.

Eine Forderung der Frauenbewegung war eimal Koedukation. Heute fordern Frauen wieder getrennte Erziehung in den Schulen. Ist das ein Schritt zurück ? Ich bin nicht sicher, ob Koedukation tatsächlich eine Forderung aus der Frauenbewegung war. Es gibt mehrere Forschungsergebnisse, die sagen, daß Mädchen in Schulen besser abschneiden, wenn sie von Jungen getrennt werden. In naturwissenschaftlichen Fächern beteiligen sich Mädchen mehr am Unterricht, wenn sie von Frauen unterrichtet werden. Fragen: kb