Endeavour fing Weltraumteleskop

■ US-amerikanische Astronauten versuchen das Fernrohr zu reparieren / Die Zukunft der Nasa steht jetzt auf dem Spiel / Neue Observatorien könnten Hubble endgültig zu Fall bringen

Houston/Berlin (AFP/taz) – Die beiden Astronauten Story Musgrave und Jeff Hoffman haben am Sonntag mit dem ersten von fünf Arbeitseinsätzen außerhalb der US-Raumfähre Endeavour begonnen, bei denen das „kurzsichtige“ Weltraumteleskop Hubble repariert werden soll. Die US- Raumfahrtbehörde Nasa teilte in Houston mit, den beiden Experten sei es gelungen, ein Paar sogenannter Gyroskopen auszuwechseln, die es dem Teleskop ermöglichen, seine Ziele anzuvisieren und zu verfolgen. Nach zweieinhalb Stunden habe es jedoch Komplikationen gegeben, weil sich eine Tür des Weltraumteleskops nicht wieder schließen ließ. Ein Astronaut der Nasa sagte in Houston, die Komplikationen seien offenbar auf große Temperaturschwankungen zurückzuführen. Im Bodenkontrollzentrum werde nun versucht, den Fehler zu beheben.

Die sieben Astronauten, die am Donnerstag in Cap Canaveral, Florida, ins All starteten, um das Weltraumteleskop Hubble zu reparieren, haben nicht nur die Aufgabe übernommen, ein Fünf-Milliarden-Mark-Projekt zu retten und den Ruf der US-Weltraumorganisation Nasa wiederherzustellen. Der Erfolg ihrer Mission entscheidet auch über die Zukunft der amerikanischen Raumfahrt. Geht die Mission schief, könnte das sogar das Ende der Nasa bedeuten.

Das Hubble-Teleskop stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Schon kurz nachdem das 1,5 Milliarden Dollar teure Fernrohr von der Raumfähre Discovery auf eine Erdumlaufbahn gebracht worden war, fingen die Pannen an. Zuerst stellte sich heraus, daß der fast 2,4 Meter große Spiegel falsch konstruiert war. Um zwei Tausendstel Millimeter war der Spiegel zu flach. Außerdem waren die zur Energieversorgung benötigten Solarpaddel so instabil, daß sie durch ihr Wackeln das gesamte Teleskop in Schwingungen versetzten und damit das Senden scharfer Bilder unmöglich machten. Als weitere Panne stellte sich heraus, daß von den sechs Gyroskopen, mit denen Hubble gesteuert wird, drei ausgefallen waren. Eine weitere Störung würde das Teleskop endgültig manövrierunfähig machen. Mit Hubble wollten die Wissenschaftler eine neue Ära der Welraumerkundung einleiten. In Entfernungen bis zu vier Milliarden Lichtjahren, also weit über die benachbarten Sonnensysteme hinaus, sollten die Geheimnisse des Universums erkundet werden. In den letzten drei Jahren konnte das Fernrohr aufgrund der Mängel jedoch nur etwa ein Zehntel der geplanten Aufgaben erfüllen.

Von den Wissenschaftlern wird nicht ausgeschlossen, daß mit dem Reparaturversuch das Teleskop vollständig außer Funktion gesetzt wird. Damit hätte die Nasa nach dem Verlust der Marssonde Observer und der defekten Jupitersonde Galileo einen dritten großen Fehlschlag erlitten, der nicht ohne Folgen für den künftigen Finanzhaushalt bleiben dürfte. Erst vor wenigen Wochen hatte die US-Regierung ein anderes milliardenschweres Forschungsprojekt, den Superbeschleuniger, zum Kippen gebracht. Angesichts des Geldmangels steht big science bei den US-Politikern nicht gut im Kurs. Als nächstes könnte das Raumfahrtprogramm an der Reihe sein.

Dazu kommt, daß die Fernerkundung des Weltraums aus dem All heraus eine starke Konkurrenz erhalten hat. Bereits im April des Jahres installierten Astronomen auf Hawaii ein neues erdgebundenes Teleskop, das die Fähigkeiten von Hubble in einigen Bereichen sogar übertrifft. Mit dem Blick in das Sternenbild Auriga erfaßte das neue Superteleskop die am weitesten entfernte Galaxie, die bisher bekannt ist. Mit rund hundert Millionen Mark Baukosten ist das Teleskop auch weitaus billiger zu haben als in der Erdumlaufbahn geparkte Fernrohre. Weitere fünf Observatorien sind derzeit im Bau und sollen schon die nächsten Jahre ihren Betrieb aufnehmen.

Neuland haben die Astronauten mit der Reparatur des Hubble nicht betreten. Die US-Armee, so berichtet es die Zeit, hatte während des Golfkrieges sechs mit Hubble vergleichbare Teleskope im Weltall, die jedoch nicht zur Weltraumbeobachtung eingesetzt waren. Und auch im Weltall durchgeführte Reparaturen haben die Militärs schon hinter sich. wlf