■ Kiffer in Deutschland, lernt niederländisch!
: Umherschweifende Hasch-Touristen

Amsterdam (taz) – Mit dem problemlosen Kauf von Hasch und Marihuana im liberalen Nachbarland Holland könnte es bald vorbei sein. Eine Kommission im Auftrag des christdemokratischen Justizministers Hirsch Ballin überprüft jetzt, ob und wie der Verkauf von soft drugs an Ausländer verhindert werden könnte. Setzt sich Hirsch Ballin durch, droht möglicherweise demnächst die Paßkontrolle in den Coffee-Shops.

Anlaß für die Initiative ist die wachsende Überlast vor allem in grenznahen Städten. Konzentrierte sich der Kiffer-Tourismus in den Siebzigern und Achtzigern auf Amsterdam, sind die Wege inzwischen kürzer geworden. Viele fahren gerade noch bis auf die andere Seite der Grenze. So verzeichnet Maastricht täglich etwa 4.000 belgische Tagestouristen auf der Suche nach billigem Dope, die Kleinstadt Venlo mit 64.000 Einwohnern wird wöchentlich von etwa 90.000 Deutschen besucht. 30 Coffee-Shops in der dortigen Innenstadt sind ein Paradies für deutsche Kiffer, verärgern aber immer stärker die Anwohner. Niederländische Bürgermeister geraten immer stärker unter Druck, den ständigen Zustrom lärmender Jugendlicher zu verhindern. Denn während die Zahl niederländischer Gebraucher von sogenannten weichen Drogen mit 500.000 bis 600.000 seit Jahren konstant bleibt, nimmt der Zustrom von Drogen-Touristen weiter zu: In Arnheim nahe der deutschen Grenze hat sich die Anzahl der Coffee-Shops in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt. Etwa 200 Coffee-Shops entlang der deutschen und belgischen Grenze leben im wesentlichen vom Verkauf an Ausländer. Sie sollen nach Plänen des Justizministeriums möglicherweise ganz geschlossen werden.

Wie viele Coffee-Shops weiche Drogen verkaufen, weiß niemand. Die Schätzungen liegen zwischen 1.500 und 2.500. Ihre Existenz wird unter fünf Bedingungen toleriert: kein Verkauf an Minderjährige, kein Verkauf größerer Mengen, kein Verkauf harter Drogen, keine Belästigung der Umgebung und keine Reklame.

Doch auf Werbung angewiesen sind die Coffee-Shops nicht. „Mellow Yellow“, „Home Grown Fantasy“, „Ekstase“, „Pick up the pieces“, „Double Fun“ – unter derart eindeutigen Namen findet jeder Tourist und Durchreisende schnell, was er sucht. So konnten es die Amsterdamer Coffee-Shops auch verkraften, als ihnen vor ein paar Jahren das Aushängen des Marihuana- Blatts in den Fenstern untersagt wurde.

Einmal im Laden angekommen, werden Haschisch und Marihuana, space-cakes und bereits gedrehte Joints auf der mehrsprachigen Menükarte angeboten – in professionelleren Shops drückt der Kunde vor einer dunklen Glasvitrine auf einen Knopf, das Licht springt an, und das Hasch kann begutachtet werden – ein weiterer Trick, das Reklameverbot zu umgehen.

Mit ihrer Toleranz des Anbaus und Verkaufs weicher Drogen gerieten die Niederlande im vereinigten Europa in den vergangenen Jahren immer stärker unter Druck. Insbesondere Frankreich und Belgien setzen verstärkt Grenztruppen ein, um den Drogentransport von den Niederlanden in ihr Land zu verhindern. Mit der nun gestarteten Initiative will die niederländische Regierung auch ihr Image im Ausland retten. „Wir wollen nicht, daß Ausländer hierherkommen und Drogen kaufen“, so eine Sprecherin des Justizministeriums. „Aber an unserer liberalen Politik werden wir nichts ändern.“

Mit einem Ergebnis der Kommission wird in einigen Monaten gerechnet. Schon 1994 sollen nach dem Willen des Justizministers Taten folgen. Bis dahin können Deutsche schon mal üben: „Wat kost Dark Maroc en hoeveel is Superskunk?“ Jeannette Goddar