„Wir hören immer nur 'raus, 'raus, 'raus“

■ 26 Hungerstreikende auf der „Floatel Altona“ protestieren gegen ihre Abschiebung   Von Kaija Kutter

Sie haben keinen Aufenthaltsraum, in dem sie sich treffen können, keine Wände, an denen sie Transparente aufhängen dürfen – eigentlich ist es fast ein Wunder, wenn sich ihr Protest trotzdem artikuliert. Seit Sonnabend sind 26 Flüchtlinge auf dem Wohnschiff „Floatel Altona“ in Neumühlen im Hungerstreik.

„Nee, da ist nichts los“, sagte Unterkunftsleiter Dieter Norton noch vorgestern, als sich rund 200 Demonstranten vor den Schiffen versammelt hatten, um gegen die „unmenschlichen Flüchtlingsgesetze und Lebensbedingungen“ zu protestieren. Die Demonstranten kämen von außerhalb, von den Bewohnern seien nur ein paar Schaulustige dabei. Sonntag mittag sah die Lage schon anders aus. 26 Asylbewerber hielten die Kantine auf der „Altona“ besetzt. Der Presse wurde der Einlaß verwehrt, wohl aber erlaubt, mit einer Vertreterin der Hungerstreikenden zu sprechen.

Auf der „Floatel Altona“ und der „Floatel Kalmar“ können die Wenigsten Deutsch sprechen. Handelt es sich doch um die sogenannte „Erstaufnahme“. Alle Menschen, die Asyl beantragen, kommen zunächst dorthin, bis die Hamburger Außenstelle des Bundesamtes in Zirndorf entschieden hat, ob ihr Antrag „offensichtlich unbegründet“ sei oder nicht.

Nur etwa 20 Prozent, schätzt Dieter Norton, schaffen diese Hürde und bleiben länger hier. Die übrigen werden meist binnen drei Monaten abgeschoben. Aber offensichtlich werden in der Erstaufnahme auch Menschen untergebracht, die schon länger hier leben und in absehbarer Zeit abgeschoben werden sollen. So die 40jährige Algerierin Ghania Boudenagh. „Was soll ich in Algerien. Dort ist Bürgerkrieg wie im Libanon“, sagt die Mutter von vier Kindern, die seit 17 Jahren in Deutschland lebt. Ihre Aufenthaltsgenehmigung erlischt, weil sie von ihrem Mann geschieden wurde.

Mit dem Mut der Verzweiflung kämpft Ghania Boudenagh zusammen mit ihren algerischen Landsleuten an Bord gegen die Abschiebung. Unter den Hungerstreikenden sind neben neun Algeriern aber auch sieben Afghanen, sieben Menschen von der Elfenbeinküste und ein Palästinenser.

„Jeden Tag kommen Briefe. Immer heißt es nur 'raus, raus, raus'“, klagt Ghania Boudenagh. Obwohl den Behörden die Situation in den Herkunftsländern bekannt sei, würden die Asylgründe nicht ernsthaft geprüft. Miloud Belahcen, der mit seiner Frau Soria an Bord ist, erwartet zum Beispiel 20 Jahre Gefängnis in seinem Heimatland, weil er einer verbotenen politischen Partei angehört hat. Er habe ein Dokument, mit dem er dies beweisen kann, sagt Belahcen. Trotzdem soll er abgeschoben werden. Die Flüchtlinge hätten zwar Anwälte, „aber die tun nichts“. Ghania Bougenagh: „Meine Anwältin hat mir gesagt, ich solle zusehen, daß ich gesund bin, denn ich werde abgeschoben“.

Noch ist offen, wielange die Flüchtlinge ihren Hungerstreik fortsetzen und ob sich eine politische Persönlichkeit in Hamburg herabläßt, mit den Menschen zu sprechen.