Weihnachtliche Begegnung auf Berliner Art

■ Bei einem Weihnachtsbummel unter die Polizeiknüppel gekommen: Touristen nach Verkehrsvergehen zusammengeschlagen und Auto eingezogen

Eigentlich wollte Axel Schulz aus Grömitz an der Ostsee mit seinem Bruder Stefan, seiner Mutter Gisela und Dackel Duby einen Weihnachtsbummel durch Berlin machen. Doch der Ausflug wurde jäh gestoppt, denn die erste zwischenmenschliche Berührung in Berlin endete schmerzlich und mit mehreren Strafanzeigen. Nachdem Axel Schulz aus Ortsunkenntnis verbotenerweise durch das Brandenburger Tor gefahren war, stellte sich ein dunkles Auto quer vor den Porsche, der vor einer Ampel hielt. Vier dunkel gekleidete Männer seien aus dem Wagen gesprungen. Während einer die Familie Schulz mit einer Waffe bedrohte, verlangte ein anderer Mann die Ausweispapiere, erzählte Schulz gestern der taz. Da er sich nicht sicher gewesen sei, ob es sich um Polizeibeamte handelte, bat der Baustoffprüfer die Männer, sich zu legitimieren. Einer der Männer zeigte eine Plakette, die Schulz aber als Dienstmarke nicht erkennen konnte. Daraufhin beschloß der Porsche-Fahrer, per Autotelefon die Polizei zu rufen.

Im Laufe der nächsten Minuten seien zwar drei oder vier Mannschaftswagen der Polizei eingetroffen, die aber hätte die dunkelgekleideten Männer dabei unterstützt, Axel Schulz mit Gewalt aus dem Wagen zu zerren. Ergebnis: eine schwere Ellbogenprellung für Axel Schulz und ein kaputtes Lenkrad. Das Gezerre endete für den Grömitzer auf der Straße liegend. Dort hätte man dann auf seinen Kopf eingetreten, und ein Beamter hätte mit dem Fuß den Kopf auf den Asphalt gedrückt, erzählte der Leidtragende. Einige der Polizisten sollen den Touristen mit den Worten „Endlich haben wir so einen Scheiß-West-Porsche-Fahrer“ beschimpft haben.

Nach einer Leibesvisitation in dem Mannschaftswagen der Polizei, bei der sich die drei Berlin-Besucher vollkommen entkleiden mußten, wurde die Familie Schulz auf die Wache 33 in der Perleberger Straße verfrachtet. „Dort mußten wir uns wieder nackt ausziehen, aber einen Arzt und einen Rechtsanwalt durften wir nicht konsultieren“, beschreibt Schulz das Vorgehen der Beamten. Erst nach mehreren Stunden wurde Familie Schulz entlassen. Den Porsche beschlagnahmte die Polizei. Eine Quittung gab es nicht. Axel Schulz wurde außerdem eröffnet, daß er sich auf eine Anzeige wegen versuchten Totschlags, Körperverletzung, Urkundenfälschung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt gefaßt machen müsse. Nachfragen bei der Polizei konnten die Behauptungen der Grömitzer Familie nicht untermauern. Beim Polizei-Lagedienst war nichts über diesen Vorfall bekannt. Im Polizeibericht blieb der Vorfall am Brandenburger Tor ebenfalls unerwähnt, und auf der Polizeiwache in der Perleberger Straße hüllte man sich in völliges Schweigen. Im Virchow-Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte bei Axel Schulz mehrere Rippen- und eine Schädelprellung. Sein Bruder Stefan habe sich einen komplizierten Mittelfingerbruch zugezogen. Die Ärzte wollten ihn sogar stationär behandeln, doch das habe man abgelehnt, erzählt Axel Schulz. Noch am Abend verließ die Familie, inclusive Dackel Duby, im Flugzeug die ungastliche Hauptstadt. Thomas Nagel