Voscherau-Schelte wg. „Ausländerfeindlichkeit“

■ Empörung über Ideen zu Zuzugsbeschränkung: „hetzerisch“ und „fahrlässig“

Heftige Kritik auch aus den eigenen Reihen kassierte Bürgermeister Henning Voscherau gestern wegen seiner Forderung nach kommunalen Steuerungsinstrumenten für die Binnenwanderung von Ausländern. In einem Interview mit der Bild-Zeitung hatte er laut über eine Grundgesetzänderung nachgedacht, um den Zuzug von Ausländern in bestimmte Stadtteile zu unterbinden.

Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Hakki Keskin äußerte gegenüber der taz, diese Maßnahme sei nicht sinnvoll, solange es in Hamburg an bezahlbarem Wohnraum mangele. „Viele Ausländer würden auch gerne in Eppendorf oder Eimsbüttel wohnen“, so Keskin, „mit genügend billigem Wohnraum hätte man einen Steuerungsmechanismus.“

Der Bürgermeister, das verlangt der Vorsitzende der SPD Hamburg-Nord, Detlef Scheele, müsse sich bei den ausländischen MitbürgerInnen entschuldigen. Scheele weiter: „Wer die Schuld an sozialen Problemen in einem Stadtteil den ausländischen Bewohnern anlastet, handelt fahrlässig, gefährdet den inneren Frieden und stellt mangelnde Sachkenntnisse unter Beweis.“

Zu drastischen Worten griff auch die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Susanne Uhl. „Nach solchen hetzerischen Aussagen“, so Uhl, „scheint die Gefahr für Hamburg eher der Bürgermeister zu sein.“

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, warf Voscherau „Propaganda mit ausländerfeindlichem Tenor“ vor. Manche Vertreter demokratischer Parteien hätten immer noch nicht gelernt, so die FDP-Politikerin, „daß sie Rechtsradikale nicht dadurch bekämpfen können, daß sie sich ihre Parolen zu eigen machen“.

Ihr Hamburger Kollege Günter Apel reagierte verhaltener. Eine Steuerung des Ausländerzuzugs sei auch ohne Grundgesetzänderung möglich. Die Freizügigkeit des Wohnortes besäßen laut Grundgesetzartikel 11 zwar alle Deutschen, andere aber nicht.

Gestern nachmittag versuchte Senatssprecherin Jutta Köhn, die Gemüter zu beschwichtigen. Es sei unzutreffend, die Steuerung der Binnenwanderung allein auf den „beispielhaft genannten Aspekt des ausländischen Bevölkerungsanteils zu beziehen“. Vielmehr „geht es um Steuerungsinstrumente, die über die Belegungspolitik hinaus die Vermeidung von sozialen Brennpunkten ermöglichen, das Abrutschen gefährdeter Stadtteile ins soziale Abseits und das Entstehen von Ghetto-Situationen verhindern helfen.“ sako/ch