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Der Sammler im Museum

■ Zu welchen Bedingungen kommt die Kunstsammlung Marx in die Galerie im alten Hamburger Bahnhof? / Stiftung Preussischer Kulturbesitz entscheidet morgen

Für die Stiftung Preussischer Kulturbesitz ist der 16. Dezember Stichtag in Sachen Hamburger Bahnhof. Wenn am morgigen Donnerstag der Stiftungsrat turnusgemäß zusammentritt, steht ein Tagesordnungspunkt ganz oben auf der Liste: der Leihvertrag zwischen der Nationalgalerie und dem Berliner Bauunternehmer und Kunstsammler Erich Marx. Dessen Sammlung hat nach Schätzungen einen Wert von rund 300 Millionen Mark.

Sollte das zwölfköpfige Gremium diesem Vertrag wie erwartet zustimmen, wäre ein entscheidender Schritt zur Realisierung des im Hamburger Bahnhof geplanten Museums für zeitgenössische Kunst getan. Die Sammlung Marx mit kompletten Werkgruppen von Joseph Beuys, Andy Warhol, Robert Rauschenberg und einer Reihe anderer namhafter Künstler ist als Grundstein für die Dependance der Nationalgalerie an der Invalidenstraße vorgesehen. Ergänzt werden soll diese Sammlung durch Bestände von Nationalgalerie, Kunstbibliothek, Kupferstichkabinett und Kunstgewerbemuseum, so daß der Hamburger Bahnhof nach seiner Eröffnung im Sommer 1995 laut Stiftungssprecher Wolfgang Kahlcke „ein möglichst umfassendes Bild der verschiedenen visuellen Ausdrucksformen der Gegenwart geben“ könne.

Der greifbar nahen Einigung vorangegangen waren langwierige Verhandlungen zwischen der Stiftung Preussischer Kulturbesitz und dem 72jährigen Sammler beziehungsweise dessen Berater, dem Berliner Ausstellungsmacher, ehemaligen Intimus von Joseph Beuys und Kunsthändler Heiner Bastian, in deren Verlauf bei der Nationalgalerie sogar die Köpfe rollten. Nachdem der Generaldirektor der Staatlichen Museen, Wolf-Dieter Dube, dem designierten Leiter des Hamburger Bahnhofs, Wulf Herzogenrath, vorgeworfen hatte, „den Konsens“ mit dem Sammler „nicht ausreichend“ zu suchen, war Herzogenrath im vergangenen Oktober von seinen Aufgaben entbunden worden. An seiner Statt hat Peter-Klaus Schuster – als stellvertretender Direktor der Neuen und Direktor der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel mittlerweile Multifunktionär der staatlichen Museen – die Koordination am Haus in der Invalidenstraße übernommen.

In Schweigen hüllen sich die Verantwortlichen bei Senat und Stiftung, wenn es um Umfang und Modalitäten des Leihvertrages über den Marxschen Kunstbesitz geht. Bekannt ist weder, um welche Werke im einzelnen es sich im Falle einer Übernahme handeln würde, noch die Dauer der Leihgaben. Ebenso unklar ist derzeit, wie die in dieser Form bislang einzigartige Kooperation unter den vier an dem Projekt Hamburger Bahnhof beteiligten Institutionen der Stiftung funktionieren wird. Sicher ist nur, daß sowohl die Stiftung als auch der Senat, der den Umbau des Hamburger Bahnhofs finanziert, nicht müde werden zu betonen, die Sammlung Marx „unbedingt“ (Senatssprecher Klemke) nach Berlin holen zu wollen. Insofern können Marx und Bastian derweil in der Gewißheit um den Wert ihrer Sammlung nach Belieben bei der Konzeption des Hamburger Bahnhofs mitbestimmen.

Die leidige Erfahrung jedoch, daß Leihverträge auch gekündigt werden können, wird Senat und Stiftung wohl vorerst erspart bleiben, vorausgesetzt, es herrscht auch weiterhin Einvernehmen zwischen ihnen und dem Leihgeber. Dennoch sollten sich die Berliner in dieser Frage vielleicht schon einmal vertrauensvoll nach Mönchengladbach an das Museum am Abteiberg wenden. Dort nämlich läuft der Vertrag zwischen Museum und dem Sammler Marx Ende nächsten Jahres aus, pünktlich zur Übernahme der Werke durch Berlin. Dann ist Mönchengladbach seinen Beuys erst einmal wieder los. Dem Ereignis Hamburger Bahnhof kann man nur mit Spannung entgegensehen. Ulrich Clewing

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