Männlich, weiblich, dudengerecht

■ Die Affäre „I“: Gerichts-Verwaltung weist Jura-Nachwuchs in die Schranken     Von K.v.Appen

Es war eigentlich ein Routine-Akt – schließlich gab es nun mal die neuen Postleitzahlen, und so mußte natürlich auch der „Personalrat für ReferendarInnen am Hanseatischen Oberlandesgericht“ bei der Verwaltung einen neuen Stempel beantragen. Statt einfach einen neuen Stempel zu bestellen, war die Jusitz-Oberamtsrätin Sabine Kneip* jedoch der Meinung, daß der Text einer genauen Überprüfung bedürfe. Und was brachte die fleißige Mitarbeiterin ans Tageslicht? Die Schreibweise „ReferendarInnen“ – also mit großem „I“ – ist im Duden nicht aktenkundig. Ertappt! Der Personalrat für RefendarInnen benutzt also seit Jahren auf Briefbögen und Stempel eine unzulässige Bezeichnung!

Die kluge Frau aus der Verwaltung schaffte Abhilfe. Sie bestellte kurzerhand einen Stempel mit der Aufschrift: „Personalrat für Referendarinnen am Hanseatischen Oberlandesgericht....Zimer 111“. Nur mit kleinem „i“!

Doch so viel Frauenpower war selbst den Emanzen im Personalrat unheimlich. Denn: Eine solche Bezeichnung könnte auf die Jura-StudentInnen abschreckend wirken – schließlich sind 60 Prozent der 1100 ReferendarInnen Männer. Und der biedere juristische Nachwuchs zählt nicht gerade zu den revolutionären Vorreitern – auch nicht in Sachen Sprache.

Doch die Bitte der PersonalrätInnen nach einem neuen Aufdruck wurde zunächst abschlägig beschieden, „da das Wort Referendarinnen nach dem Duden nicht fehlerhaft ist.“ Ute Asmussen vom Personalrat gab aber zu bedenken: „Das Wort Referendarinnen mag dudengerecht sein, unser Personalrat hat aber auch männliche Mitglieder. Diese sind unzweifelhaft von dem Stempelaufdruck nicht erfaßt.“ Zudem reklamierte Asmussen, daß das Wort „Zimer“ „unseres Erachtens mit zwei „m“ geschrieben wird. Wir haben das aber nicht anhand des Dudens überprüft.“

Dieses Argument war nun schlagend. Und so bestellte die Justiz-oberamtsrätin Sabine Kneip einen neuen Stempel. „Personalrat für Referendare.“ Nun hatte der Personalrat die Schnauze voll, waren doch diesmal die Frauen nicht berücksichtigt worden, die sich von der Bezeichnung „Referendare“ weiß Göttin nicht angesprochen fühlen. Und so marschierte Personalrätin Eva Kocher kurzerhand zu Oberlandesgerichtspräsident Dr. Helmut Plambeck zwecks Beschwerde. Der oberste Gerichtsboß sicherte der engagierten Standesvertreterin seine Unterstützung zu, es sollte abermals einen neuen Stempel geben. Damit nichts schief geht, wurde der Stempelverantwortlichen nochmals die richtige Schreibweise – die ja schließlich auch seit Jahren auf den Briefbögen prangt – vorgelegt: „Personalrat für ReferendarInnen....“

Doch Sabine Kneip entkam dem Bann des Dudens nicht. Nach einigem Blättern hatte sie – glaubte sie zumindest – die Lösung, die alle Gemüter besänftigen würde. Und so gab sie abermals einen Stempel in Auftrag. Aufschrift: „Personalrat für Referendarinnen und Referendare.“

Die eifrige Mitarbeiterin verstand die Welt nicht mehr, als die PersonalrätInnen erneut moserten. Schließlich war doch nun der männliche und weibliche Jura-Nachwuchs gleichermaßen berücksichtigt – und die weibliche Form wird nun mal höflicherweise vorneweg genannt. Die Personalräte versuchten ihr klar zu machen, daß der Personalrat bewußt die fortschrittliche taz-schreibweise mit großem „I“ beanprucht, die übrigens auch mittlerweile von einigen Behörden übernommen worden ist. Ob nun bei Sabine Kneip die Einsicht gewirkt hat, ob es ein vorweihnachtliches Geschenk sein sollte oder ob es sogar die letzte Amtshandlung von Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit war: Vor wenigen Tagen traf endlich der neue Stempel in der gewünschten Version ein: „Personalrat für ReferendarInnen am ...“ Übrigens: Der Stempeldisput hat natürlich auch ein Aktenzeichen: 54 E - 1 H/4.

*Name geändert