Immer wieder „moin, moin“

■ Penner im Bischofsnadel-Tunnel: 300 haben nichts dagegen

Jürgen aus dem Lloydtunnel ist in den Tunnel unter der Bischofsnadel gezogen. „Schade eigentlich“, sagt eine Dame zu ihm, „ich hab' mich immer so sicher gefühlt, solange Sie im Lloydtunnel waren, Sie und Ihr Hund“. Jetzt mag sie da abends nicht mehr durch gehen.

Eigentlich sollte Jürgen jetzt im Notübernachtungsheim in der Duckwitzstraße wohnen - dort sind extra Zwinger gebaut worden, damit auch die Obdachlosen mit Hunden untergebracht werden können. „Aber ich tu meinen Hund doch nicht in einen Zwinger“, sagt Jürgen, „das ist der doch gar nicht gewohnt“. Entweder in eine Wohnung ziehen mit Hund oder draußen mit Hund - das sind seine Alternativen.

Ulli kommt zurück mit vollen Plastiktüten - die PassantInnen legen häufig Markstücke auf den Teller. Er packt drei Packungen Kerzen aus, Möhrensaft, Vitamintabletten ...“Sehr gut“, sagt Jürgen, „ich hatte nämlich schon zweimal Lungenentzündung“.

Jürgen kramt ein Schulheft aus dem Schlafsack: voll mit „mindestens 300“ Unterschriften von Leuten, die finden, daß die Obdachlosen im Tunnel bleiben sollen. Besonders stolz sind die Beiden auf eine Unterschrift von Anne Albers vom Beirat Mitte. Zwei Geschäftsleute aus dem Tunnel finden die Lagerstätte allerdings nicht so toll. Ein paar Mal war auch schon Polizei da. Doch Jürgen und Ulli ließen die Ultimaten immer verstreichen.

Ulli hat die Einkäufe verstaut, setzt sich in Positur und grüßt - jeden. „Moin moin“, sagt er, legt den Kopf schräg und tippt sich an die mit Klunkern reich geschmückte Mütze. Peinlich berührt schauen viele weg. Manche schieben schließlich ein verspätetes und umso schieferes Lächeln auf ihr Gesicht. Eine Ältere aber kommt näher, krault den Hund: „Jaja, Rocky, is ja gut, morgen bring ich dir wieder was mit.“ Auf dem Brett des Kiosks stapeln sich schon die Hundefutterdosen.

cis/ Foto: Gaby Ahnert