Wanzen in Wohnungen und mehr Polizei

Bund und Länder stellen gemeinsames Programm zur Inneren Sicherheit vor / Verfassungsschutz-Einsatz auch bei Kriminellen / Polizei soll mit privaten Sicherheitsdiensten zusammenarbeiten  ■ Aus Bonn H. Monath

Die Innenminister aller 16 Länder befürworten wie der Bundesinnenminister den Großen Lauschangriff zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und die personelle Verstärkung der Polizei. Das geht aus dem neuen Programm zur Inneren Sicherheit hervor, das der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der Brandenburger Ressortchef Alwin Ziel (SPD), gestern in Bonn präsentiert hat. Das letzte gemeinsame Programm zur Inneren Sicherheit stammt aus dem Jahr 1974.

Das neue Papier setzt nach Ziels Worten „deutliche politische Signale“ bei der Bekämpfung von Massenkriminalität, von Organisierter Kriminalität sowie von Gewalttaten, die durch Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit motiviert sind. Weiter strittig zwischen den Ministern bleiben so heikle Fragen wie die nach den künftigen Aufgaben des Verfassungsschutzes und den Kompetenzen des Bundeskriminalamtes. Das Programm hält einen Konsens der Minister vor dem „Superwahljahr 1994“ fest. Entsprechend vage sind viele Formulierungen und Absichtserklärungen gehalten.

Zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität empfiehlt das Programm in gewundenen Sätzen den Großen Lauschangriff („Der Einsatz von technischen Mitteln auch in Wohnungen von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sowie die Observation sind erforderlich“). Als Voraussetzung für die Beschlagnahme illegal erworbener Vermögen wird die Umkehr der Beweislast gefordert. Ist ein Täter überführt, muß er beweisen, woher sein Geld stammt. Vage bleibt das Papier hinsichtlich der Kronzeugenregelung. Ihre Einführung soll „geprüft werden“.

Zur Bekämpfung der „Massenkriminalität“ fordert das Programm eine „deutliche polizeiliche Präsenz an den Brennpunkten der Massenkriminalität“, da sie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung positiv beeinflusse. Straftaten sollten „zeitnah und konsequent geahndet werden“. Die Zusammenarbeit mit privaten Sicherheitsdiensten wird unter der Voraussetzung befürwortet, daß die Anforderungen an solche Unternehmen gesetzlich geregelt werden. Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich an den „Sicherheitsmaßnahmen“ stärker beteiligen.

Die Forderung, der Verfassungsschutz müsse sich auch mit der Organisierten Kriminalität befassen, fand nach Angaben von Ziel keine Mehrheit bei den Ministern. Für die Möglichkeit einer „Übertragung weiterer Aufgaben an den Verfassungsschutz“ sprechen sich laut Anhang nicht nur CSU- und CDU-regierte Länder wie Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen aus, sondern auch die Große Koalition in Berlin und die rot-grüne Regierung in Hessen.

Fünf Länder, in denen die Union den Regierungschef stellt, sowie Berlin und Bremen plädieren dafür, verdeckten Ermittlern milieubedingte Straftaten zu ermöglichen. Neue Gesetze sollen ihnen Straffreiheit für Verbrechen gewähren, die sie „zwangsläufig“ verüben müßten, um ihrem Auftrag nachzukommen.

Die abweichenden Voten einzelner Bundesländer bezeichnete Ziel als „Marginalien“. In den Grundaussagen zur Sicherheitspolitik gebe es eine „breite Übereinstimmung“ zwischen den Ländern und dem Bund.