„Menschen, die lieber schnorren“
■ Aus der Sitzung am 9. Dezember der Bezirksverordneten des Bezirks Mitte zur Räumung der Wagenburg am Engelbecken – und ein persönlicher Kommentar
Ein Spezialdemokrat: „...als wenn es sich bei den Wagenburglern um Repräsentanten der Armut in unserer Gesellschaft handelte! Ich möchte das bestreiten. Es handelt sich bei den Wagenburglern nicht um Obdachlose, es handelt sich um Ideologen der Obdachlosigkeit, die obdachlos sein wollen. Es handelt sich um Menschen, die lieber schnorren, die nichts mehr fürchten als geregelte Arbeit. Wir sollten uns den wirklich Armen, den versteckten Armen, die sich schämen, das zum Ausdruck zu bringen, zuwenden. Statt dessen wenden wir eine ganze Stunde auf, um uns mit diesem Bodensatz, diesen Aussteigern zu beschäftigen... Ich bin der Meinung, daß Sozialismus zu tun hat mit Demokraten, mit Menschen, die sich nicht dem Bodensatz, dem Lumpenproletariat zuwenden... Ich würde vorschlagen, daß wir uns in einer aktuellen Stunde mit den wirklich Armen beschäftigen... Die Wagenburgler sind ein Fall für die Sozialstadträtin, hier ist soziale Therapie nötig.“
Ein Betroffener: Oh, danke schön. Dazu brauch' ick nischt zu sagen. Die Sprüche sind unter meiner Würde. Wir sind also häßliche Deutsche, die sie nicht haben wollen. Det sind doch keine Demokraten. Der Spruch hätte von den Republikanern sein können, aber die sind zu schlau dazu... Wat in dem Kopf vorgeht, möcht' ick wissen. Wenn dit für ihn nicht wat mit Armut zu tun hat... Wie sich das angehört hat, interessiert sich der doch gar nicht für uns. Wenn wir da verrecken würden, würde den det herzlich wenig jucken... Wenn einer, der sich ausgerechnet Sozialdemokrat nennt, so 'ne Gedankengänge verfolgt und sich absolut nicht schämt, die Schoten da rauszulassen, dann weeß ick ooch nicht, was der da salbt. Ist der krasse Gegensatz zu dem, wat er sich einbildet zu sein... Den müßteste mal mit dem Arsch da rinsetzen, und dit mitmachen lassen. Ob der dann ooch noch solche Dinger sagt ...? Ja, det gibt's, manche wollen nicht arbeiten, aber in so 'ner Gesellschaft zu buckeln, wenn de schon weeßt, wofür, dat will ick ooch nicht, sondern arbeiten für mich. Von mir profitieren andere, und dann heißt es, ick bin arbeitsfaul, wenn ick dit nicht mitmache... Wenn dit nicht krank ist, mach' ick demnächst den Papst...
Von der Gesellschaft bin ick nicht der Bodensatz, allet mögliche ja, ick weeß, daß ick Scheiße bin, ick steh' dazu, aber nicht der Bodensatz dieser Gesellschaft.
