Ligen nach Norden

■ Italien: Bossi reagiert sauer

Rom (taz) – Die gewählten Volksvertreter verlassen das Parlament: Die gut fünfzig Abgeordneten der oberitalienischen „Ligen“ ziehen zu Jahresbeginn aus dem Parlament aus und wollen ein „Parlament des Nordens“ bilden. „Liga“-Führer Bossi, der gerade mit einem Ermittlungsverfahren wegen illegaler Parteispenden zu kämpfen hat, informiert überdies die Gönner seiner Gruppierung, daß er künftig das einschlägige Gesetz total mißachten werde – jeder dürfe ab sofort anonym spenden, auch wenn's über fünf Millionen Lire (umgerechnet 5.000 Mark) gehe. Ab Beträgen dieser Höhe muß der Name des Spenders veröffentlicht werden – wie die Ligisten einst selbst vehement gefordert hatten. Begründung Bossis: „Die anderen machen es auch so.“ Kaum jemand rührt die Hände zur Verteidigung der demokratischen Institutionen.

Auch die anderen politischen Kräfte kommen nicht zu rechter Weihnachtsfreude: Die Christdemokraten, die sich im Januar in „Volkspartei“ umtaufen wollen, stehen vor einer Spaltung in einen rechtsgeneigten und einen moderateren Flügel. Die Ex-Kommunisten der „Demokratischen Partei der Linken“ (PDS) sind wie Bossi unversehens in den Großprozeß um die umgerechnet nahezu halbe Milliarde Mark Schmiergelder des Ferruzzi-Konzerns hineingeraten. Der ehemalige Generalmanager Sama glaubt sich plötzlich zu erinnern, daß sein vor einem halben Jahr mit Selbstmord geendeter Schwager und Vorgänger Raul Gardini auch der KP etwas zugesteckt hat.

PDS-Vize Massimo D'Alema muß Anfang des Jahres als Zeuge nach Mailand. Gerade mußte überdies ein kurz zuvor direkt gewählter neuer Bürgermeister der PDS in einer Kleinstadt nahe Turin zurücktreten – er hatte, nach langem Leugnen und ebenfalls umfangreichen Dossierveröffentlichungen, nun doch die Annahme ansehnlicher Schmiergelder eingestehen müssen. rai

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